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tiefen Waldeinsamkeit bei den trauernden Trümmern der Vorzeit beschleicht, und das sich zu einem plötzlichen Schauder mitten am Tage bei hellem Sonnenlicht steigert, wenn in dem verflochtenen Dorngestrüpp, welches das Innere der Kirche bedeckt, ein Vogel aus seinem selten gestörten Verstecke wohl dicht vor dem Eindringling geräuschvoll auffliegt. Die Trümmer erweisen sich als die Reste einer grossen Klosterkirche, welche nach den noch sichtbaren Lissenen und Friesbogen, den Resten von Pfeilern und Bogen in rein romanischem Style erbaut war. Die Giebelfronte, welche auf dieser Höhe schon Jahrhunderte den Stürmen Trotz geboten, steht noch fest und sicher da. Die vom Lahnthale aus sichtbare runde Oeffnung in derselben hat eine Rosette ausgefüllt. Ausserdem sind noch die die Centralstelle einschliessenden Seitenmauern mit Pfeilern und Bogenresten, und daneben ein mit Epheu dichtbewachsenes Mauerstück des nördlichen Seitenschiffs und die dasselbe abschliessende Nische vorhanden. Von den Klostergebäuden finden sich ausser geringen Mauerresten über der Erde noch gewölbte, halb verschüttete Keller vor. – Die Gründung des Klosters fällt wohl gegen Ende des zwölften Jahrhunderts. Nach dem Vorbilde der Gräfin Guda von Arnstein hatten sich nämlich in einem verschollenen Dorfe Bethlenrod, von Brunenburg landeinwärts gelegen, Töchter benachbarter Edlen als Prämonstratenser Nonnen dem Himmel geweiht. Diese Genossenschaft verpflanzte Graf Ludwig III. von Arnstein, welcher auch seine Stammburg zum Kloster umgewandelt hatte, hierher. Im Jahre 1224 kommt der Name Brunenburc in einer Urkunde zum ersten Male vor. Später eignete sich Catzenellnbogen das Kloster an, dann fiel es an die Landgrafschaft Hessen; in der Reformationszeit wurde dasselbe aufgehoben. Von wann sein Verfall datirt, ist unbekannt; bei den Landleuten der Umgegend hat sich die Tradition erhalten, dass es von den

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August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/198&oldid=- (Version vom 1.8.2018)