Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 2.pdf/77

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ebenso die muskelstarken Formen der gereiften Körper und ihre vollbärtigen Köpfe erkennen läßt. Das darin ausgesprochene barocke Stilgefühl steht im offensichtlichen Gegensatz zu dem der Formen und der Bewegung eines in Nürnberg anderthalb Jahrzehnte früher entstandenen Herkules mit der Himmelskugel auf Tafel 33. Schon der, hier wieder ohne Automat gelassene, konventionelle Renaissancesockel, der jede andere Figur tragen könnte, steht außerhalb des kompositionellen Aufbaus. Dieser Herkules aber hat weniger kräftige, schlankere Körperformen, seine Muskeln sind nicht angespannt von der Last des Tragens, er schreitet nicht aus, nur die Kniee sind leicht gebeugt, doch ohne die Spannkraft der die Last mit größerer Kraftanspannung bewältigenden Augsburger Gestalten. Auch die Krönung des Aufbaues ist von dem Augsburger Meister ungleich sinnvoller motiviert als von dem Nürnberger. Über der von Christophorus getragenen Himmelskugel thront das Christuskind, über der von Herkules getragenen Erdkugel Jupiters Adler mit seinem Blitzbündel. Dagegen ist die von Herkules getragene Himmelskugel des Nürnbergers mit einem hierzu nicht passenden Baluster besetzt, darauf dann noch eine kleinere Kugel aufgesetzt, deren Existenz über der Himmelskugel unerklärlich bleibt, und dann diese wieder außer allem gedanklichen Zusammenhang mit einem steigenden kleinen Löwen besetzt. Der durch seinen Lendenschurz hinreichend charakterisierte Herkules hat doch mit diesem Figürchen nichts mehr zu tun. In allem also ist der Augsburger Künstler dem Nürnberger Meister überlegen. Dem geographischen und astronomischen Interesse der Zeit wird in allen drei fast gleich großen Kugeln gleichartig gehuldigt, indem die Himmelskugeln sowohl, wie die Erdkugel durch Gravierung dem damaligen Stand der Erkenntnis entsprechend die Wißbegier befriedigen. Wie sehr damit durch Anregung gleichzeitig des gelehrten Sinnes wie des künstlerischen Gefallens auf Empfangsbereitschaft gerechnet werden konnte, wird durch das mehrfache Vorhandensein solcher Gestalten beleuchtet.

Das zufällige Übereinstimmen in der Auswahl der gleichen Motive für figurale Darstellungen hat zu einem Vergleich des Kunstvermögens in beiden miteinander rivalisierenden süddeutschen Kunststädten geführt. Doch können die beiden vorerwähnten Fälle nicht etwa als typische Fälle von allgemeiner Gültigkeit angesehen werden. In Nürnberg ist jedenfalls im 16. Jahrhundert in der Goldschmiedekunst ein ungleich reicheres Leben mit künstlerisch überragenderen Höhen zu beobachten. Schon der Name und die Werke Wenzel