Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 3.pdf/134

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Kabinettstücke mit meist mythologischen Figurengruppen hegte. Auch spricht noch eine Anzahl von Modellen aus dem letzten Jahrzehnt der Schaffenszeit Kändlers dafür, daß das Interesse an derartigen größeren Figurenwerken noch keineswegs nachgelassen hatte. Doch hat deren meist allegorisierender Inhalt und ihre jetzt antikisierende Formengebung im 19. Jahrhundert die Wertschätzung der ganzen Gattung beeinträchtigt. Erst in unserm Jahrhundert hat sich darin eine Wandlung angebahnt. Ganz zweifellos aber ist Kändler zu dieser Gattung der größeren Kabinettstücke nicht immer zum Vorteil seiner Entwicklung erst durch August den Starken und dessen Kunstinteressen gedrängt worden.

Ganz das gleiche Schicksal hatte Melchior Dinglinger. Das ist von mir eingehender dargelegt in meiner Abhandlung: Johann Melchior Dinglinger und seine Werke. Stuttgart 1904. Hier sollen nur die abgebildeten Kabinettstücke gewürdigt werden. Von diesen ist schon das zu einem größeren Schaustück zusammengestellte, 1701 vollendete goldene Kaffeezeug im 2. Band besprochen worden, das in dem Reichtum und der Sonderart der Verzierungen schon viele Züge mit seinen späteren Werken gemein hat, an deren Tassen sogar auch schon das Interesse für asiatische Völkerschaften, ihre Sitten und Kultformen in bildlichen, den Reisebeschreibungen entnommenen Darstellungen zum Ausdruck kommt. Dafür hätte Dinglinger zweifellos eine andere Wahl getroffen, wenn nicht schon August der Starke hierfür sein Interesse bekundet hätte. Und so kann auch das zweite große Kabinettstück Dinglingers, der Hofhalt des Großmoguls von Hindostan, das gleich darauf von dem Meister in Angriff genommen wurde und das er im Verein mit seinen beiden Brüdern, wie eine Inschrift bezeugt, von 1701 bis 1708 fertiggestellt hat, nur in direktem Auftrag des Fürsten entstanden sein. Wie hätte sonst Dinglinger die Kosten für diese lange Arbeitszeit, für das dazu benötigte Gold und seine vielen Juwelen riskieren können. Nach alten glaubhaften Nachrichten waren dazu auch noch vierzehn Gehilfen in seiner Werkstatt tätig. Auch daß während dieser Zeit Melchiors Bruder, der Emailleur Georg Friedrich Dinglinger, der infolge der Kriegswirren aus Biberach mit Weib und Kind zu dauerndem Aufenthalt nach Dresden übersiedelt war, im Jahr 1704 am 11. Februar zum Hof-Emailleur ernannt wurde, kann nur damit in Zusammenhang stehen. Gerade auf die Mitarbeit eines allen Anforderungen gewachsenen Emailleurs war Melchior bei diesem Werk in erster Linie angewiesen, wenn er nicht selbst