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gewordenen Orden wieder zu früherem Ansehen zu verhelfen.

Zwei von ihnen, beides Männer von der Nachbarinsel Tauhata, standen am Eingange der Höhle und erwartete die Auserwählte mit brennenden Fackeln, damit das Mädchen leichter den Weg zu der versteckten Grotte fände. Als Talofa, die Schönste von Fatu Hiwa, erschien, als sie leichtfüßig den dornigen Ziegenpfad emporklomm und nun die letzten zackigen Lavablöcke überstieg, steckten die beiden Oro ihre Fackeln in Felsritzen und zogen sich bescheiden in die Grotte zurück, um nicht Zeugen zu sein, wie die neue Herrin die äußeren Kennzeichen ihrer Würde anlegte: Den blauen Mantel aus feinstem Bast, den Hüftschurz aus gegerbter und hellblau und künstlerisch tätowierter Menschenhaut und den Kopfputz aus dem sorgfältig präparierten Schädel eines Menschenhais, der mit Muschelketten und Vogelfedern überreich verziert war.

Das milde Licht des Vollmondes lag matt und doch in zauberischer Klarheit auf der kleinen Terrasse vor der Höhle. Als Talofa, die Waise eines armen Fischerpaares von der Nordküste, aus der Dämmerung des Gestrüpps und der Palmen und duftenden Büsche in den Lichtkreis hinaustrat, zauderte sie merklich und spähte argwöhnisch umher. Ihr schlichter Verstand begriff noch immer nicht, daß gerade sie von den gefürchteten Oro-Führern zur Königin bestimmt war und daß man ihr bereits hier am Südstrande inmitten eines Haines von dichtesten Bäumen ein wahrhaft fürstliches

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Stürme um Kap Marga. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:St%C3%BCrme_um_Kap_Marga.pdf/6&oldid=- (Version vom 1.8.2018)