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– Redet nur zu! murrte Marsillac. Ich ziehe es vor, mich so weit als immer möglich von diesem zwar höchst achtbaren, aber dennoch ein wenig zu sehr verdächtigen Burschen vor Anker zu begeben. Gute Nacht, Fontanges!

Und er ging höchst unmuthig ab.

Bref! begann Cobrion, nachdem er eine Zeitlang starr in sein Weinglas geblickt hatte. Ich bin verbannt, oder noch richtiger, ich habe mich selbst verbannt, weil ich’s müde war, mich ewig verfolgen zu lassen. Und warum? Ich habe lediglich an Herrn von Louvois ein ganz unschuldig kleines Geheimniß der Dame de Maintenon verkauft.

Fontanges zuckte die Achseln.

– Ich habe dieser Frau viele Dienste geleistet, wissen Sie, Marquis, und ich gestehe es, bin immer sehr wohl dafür belohnt geworden. Mon Dieu! Was war Cobrion in Paris? Und was ist er jetzt! Ich werde schwach, gedenke ich daran . . . Doch nein, ich werde stärker als je; denn ich werde meine frühere Stellung wieder erringen, oder darüber mein Leben opfern. Und dazu, daß ich sie mir wieder eröffne, diese Pforten von Golconda, sollen Sie mir behülflich sein, Marquis; verstehen Sie wohl? Sie sollen!

– Chevalier! erwiderte Fontanges, augenscheinlich in unerquicklichster Stimmung, Sie sind von einer fixen Idee befangen, wenn Sie mir die Macht zutrauen, Ihren allergnädigsten Befehl auszuführen.

– Hier ist das Mittel. Der König hat Unterhaltung nothwendig.

– Ohne Zweifel; bemerkte der Marquis so ernst, als hätte es sich um das Wohl und Wehe des ganzen Staates gehandelt, den Louis XIV. vorstellen zu wollen brutal genug war.

Cobrion schob seinen Federhut etwas zur Seite und bog sich weit über den Tisch dem Marquis zu, so daß die beiden Menschen, von der zwischen ihnen stehenden Thranlampe scharf beleuchtet, ein herrliches Bild abgegeben hätten, wie es Rembrandt, oder Gottfried Schalken von Dortrecht so gern malten.

– Diese Unterhaltung Seiner Majestät von Frankreich besteht aber bekanntlich nicht allein in den ascetischen Andachtsübungen, welche Madame de Maintenon mit ihm anstellt! fuhr Cobrion fort. Der Monarch ist des Spielzeugs, das junge, interessante Damen heißt, zu sehr gewohnt, als daß er dasselbe entbehren könnte. Die Maintenon hat die Lieferung dieses Spielzeugs übernommen, – wissen Sie; sie ist genöthigt, da der König einen ebenso launenhaften Geschmack, als eine wirklich merkwürdige Unbeständigkeit entwickelt, die ausgezeichnetsten Künste aufzuwenden, um neue Gesellschafterinnen einzufangen, die außer den vom Könige beliebten Eigenschaften auch die besitzen müssen, der Sultana Hasseki nicht gefährlich zu werden. Mit Frankreich ist der große Louis fertig. Spanierinnen, Italienerinnen, eine wirkliche Tscherkessin und fünf unechte Perserinnen haben es vergebens versucht, sein dauerndes Interesse zu erregen. Marquis; ich kenne diese Geschichten bis ins Einzelne hinein, versichere Sie aber, daß es weder der Frau von Maintenon, noch dem Könige, noch irgend Jemand eingefallen ist, eine Holländerin an den Hof zu bringen. Mir war dieser großartige Gedanke vorbehalten. Eine Holländerin! Diese Idee wird die Maintenon mit Gelde aufwiegen. Sie wird daraus die Gewißheit schöpfen, daß meine Phantasie in Erfindung von Variationen noch immer ebenso unerschöpflich, als die ihrige schwerfällig ist. Sie haben, wenn Sie in Paris anlangen, Zutritt zu ihr und beim

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 346. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/363&oldid=- (Version vom 1.8.2018)