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Die Jagd.
Von Jacob Ruisdael.

Einen eigenthümlich ergreifenden Effect macht dies berühmte Bild des großen „Landschaftsdichters“ Ruisdael durch den Contrast des wilden Lebens in der Staffage mit der feierlichen Sabbathstille der Natur. Es ist Herbst; das Laubwerk der knorrigen Eichen und der weißborkigen Birken hat eine falbere Färbung angenommen, und der Baumschlag ist lichter, aber auch herb-kräftiger geworden, als im Frühsommer. Ein kleiner See breitet sich aus, dessen Oberfläche der Abendwind kaum kräuseln konnte; die Sonne sinkt; tiefe Ruhe breitet sich ringsum . . . Da ertönt das Halloh der Jagd, die Parforcepeitschen knallen und im Todeslaufe fliegt der gehetzte Rehbock, die schäumende, keuchende Meute auf den Fersen aus dem Walde hervor und setzt in den See . . . Die Reiter folgen; sie haben das Thier schon überflügelt; es hat keine Rettung zu erwarten, die Jäger galoppiren ihm entgegen und bald wird das „Hallali“ durch den Wald klingen. An Schönheit der Zeichnung und Färbung steht die, übrigens in kleinen Verhältnissen gehaltene Staffage der prächtigen Landschaft selbst nicht nach.




Landschaft.
Von Nicolaus Berghem.

Der fast unerschöpflich fruchtbare Berghem hat dieses vorzügliche Stück zwar mit Benutzung der ihm gewöhnlichen Motive componirt, mit Felsen, gebirgigem Hintergrunde und Staffage mit Landleuten und Thieren, dies Alles ist jedoch von der beweglichen Phantasie des Meisters so neu und frappant geordnet, daß diesem Bilde – wie den meisten seiner übrigen Stücke, ungeachtet der ähnlichen Motive ein entschieden eigenthümlicher Charakter aufgeprägt ist. Nackt und starr ragt der mit einem Castell gekrönte Fels in die heitere, warme Abendluft, indeß ein klares Bächlein seinen Fuß bespült. In der Ferne legt sich die Abendwolke auf den Gipfel eines Berges und Vögel ziehen ihren Nestern in den Felsenklippen zu. Von unendlich gemüthlichem Reiz ist die Staffage, der auch humoristische Züge nicht fehlen.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 886. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/903&oldid=- (Version vom 1.8.2018)