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Reinhold Steig: Zur Entstehungsgeschichte der Märchen und Sagen der Brüder Grimm. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Litteraturen

Becker haben konnten. Diese Männer, die zunächst Brentanos und Arnims Bekannte waren, lernten sie bei gelegentlichem Besuch in Gotha persönlich damals kennen. Darum citierten sie auch den Reichsanzeiger.

Hier also finden wir 1806 auf eine litterarische Anfrage über den Schnellertsgeist eine ganze Anzahl ziemlich weit zurückliegender und neuerer Äußerungen über die Sage vom Rodenstein vereinigt. Der erste und beste Bericht gründet sich, wie der anonyme Verfasser ausdrücklich bemerkt, auf die Akten über Zeugenverhöre von 1742 bis 1766, ohne daß die Akten selbst im ganzen Wortlaut mitgeteilt würden. Da dies jedoch dieselben Akten sind, die der Mitarbeiter des Nürnbergischen Korrespondenten auch benutzte, so sind von vornherein Übereinstimmungen zwischen den beiden Schriftstücken gegeben, die sich natürlich bis in die Gestaltung der Grimmschen Sagen forterstrecken. Man kommt unwillkürlich auf den Gedanken, daß der, der 1806 die Beantwortung in den Reichsanzeiger sandte, und der, der 1811 das vollständige Schriftstück in den Korrespondenten lieferte, identisch sind.

Unabhängig von und gleichzeitig mit Grimms Deutschen Sagen, 1816, erschien nun ein Büchelchen von Theodor von Haupt, betitelt: Aehrenlese aus der Vorzeit. Haupt, der mit einer Reihe von Schriften und dramatischen Dichtungen seiner Zeit hervorgetreten ist, war Mitarbeiter an zahlreichen Journalen und Zeitungen zu Anfang des vorigen Jahrhunderts. Ich habe Beiträge von ihm an noch viel mehr Stellen gelesen, als im Neuen Goedeke beispielsweise verzeichnet sind. Immer geht etwas wie ein rationalistischer Zug durch seine Schriftstellerei, der seiner Vorrede zur genannten Aehrenlese auch nicht mangelt. Ein besonderer Abschnitt dieses Büchelchens bringt nun unter der Überschrift „Der Schnellertsgeist (Ritter Rodenstein) als Kriegs- und Friedensherold nach amtlichen Berichten und Zeugenaussagen“, S. 281–316, erst den Aufsatz aus dem Reichsanzeiger, dann, leise überarbeitet, die Darstellung des Nürnberger Korrespondenten; eine Abbildung der Ruine Rodenstein im Odenwalde ist beigegeben. Man ziehe in Betracht, daß Theodor von Haupt seit 1805, auf ein paar Jahre, Amtsadvokat in Erbach war, und halte die oben bezeugte Thatsache daneben, daß aus

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Reinhold Steig: Zur Entstehungsgeschichte der Märchen und Sagen der Brüder Grimm. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Litteraturen. Georg Westermann, Braunschweig 1907, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Entstehungsgeschichte_Maerchen_Sagen_Grimm.djvu/33&oldid=- (Version vom 1.8.2018)