Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen | |
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während, noch kindlich unschuldiger, Herula bittet:
Lieber Hager laß mich leben,
Ich will dir alle meine Docken geben.
Dann folgt die lateinische Erzählung, wie der Mörder, als er gefoltert ward, seinen Schmerz über die Unschuld der Worte des Mägdleins ausspricht; daß die Kinder in Himmelscron begraben wurden; zuletzt die doppelte Tradition: daß die Gräfin nach Rom gepilgert und vor Himmelscron gestorben sei, oder daß sie in mit Nadeln und Nägeln besetzten Schuhen von Plassenburg nach Himmelscron gegangen; und daß ihr abgeschiedener Geist umgehe. Aus alledem, lateinischer und deutscher Darstellung, haben Grimms ihre Sage gebildet, indem sie die Motive und die Art der Tötung der Kinder so anordneten, wie es ihrem ästhetischen Zwecke entsprach.
Berlin-Friedenau. | Reinhold Steig. |
Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Georg Westermann, Braunschweig und Berlin 1916, Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Ueber_Grimms_Deutsche_Sagen.djvu/57&oldid=- (Version vom 1.8.2018)