Reinhold Steig: Literarische Umbildung des Märchens vom Fischer und siner Fru. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Litteraturen | |
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Beschäftigung der Fischer gut. Die Wendung, „um es hier nur kurz zu sagen,“ fällt freilich ganz aus dem Rahmen der Erzählung heraus; aber es ist immer zu bedenken, daß wir es mit einem unvollendeten und vom Verfasser selbst nicht herausgegebenen Werke zu tun haben.
Sogleich aber setzt Arnim diese Erzählung mit dem Gange seiner Dichtung in Beziehung. Der böse Spiegelglanz kann es nicht lassen, wegen der Geschichte, er weiß nicht warum, einen seltsamen Haß auf den Erzähler, den armen Thalmann, zu werfen. Die beiden Kinder fangen immerfort wieder den ihm fatalen Reim „Mondschein, Mondschein überm Rhein“ zu singen an, er schlägt im Zorn auf sie, gerät in Streit mit des jungen Pfalzgrafen treuem Hüter Hatto und verläßt zum Jammer der Kinder, die voneinander gerissen werden, das Schloß: „Johannes (Johanna) fühlte in dieser sonderbaren Einwirkung des Wasserstars auf sein eignes Schicksal das ganze Märchen von dem Weibe, das Papst und Gott wurde, wie seine Geschichte und wußte doch nicht, warum, und weinte entsetzlich darüber.“ So hat Arnim die Umbiegung des Rungeschen Märchens dazu benutzt, um die böse Macht Lucifers, der den heiligenden Aufenthalt des Kindes in dem Rheinschlosse zerstören wollte, für die weitere Entwicklung des Kindes wirksam werden zu lassen.
Aber da sowohl Spiegelglanz wie Johanna nur dunkel und unbewußt, jedes auf seine Weise, von dem Märchen ergriffen werden, so läßt sich vermuten, daß einmal in der Dichtung noch ein Punkt erscheinen werde, wo es eine neue Bedeutung für die Handlung erhielte. Dieser Punkt tritt wirklich ein.
Johanna ist Papst geworden. Der Pfalzgraf, der sich, um Nachstellungen zu entgehen, lange in der Verkleidung eines Mädchens in Rom aufgehalten hatte, wohnt als Freund des Papstes im Palaste. Bei ritterlichem Spiel beide am selben Tage verwundet, werden sie in der folgenden Nacht halb betäubt unter den schreckenden Wirkungen eines Erdbebens voneinander getrennt. Der Papst sucht sehnsüchtig den Pfalzgrafen. Unbewußt geht er fort, bis er an dem kleinen Hause der alten Sabina, in deren Hut der Pfalzgraf gewesen war, stillsteht. Er sieht durch das offene Fenster in das reinliche Zimmer.
Reinhold Steig: Literarische Umbildung des Märchens vom Fischer und siner Fru. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Litteraturen. Georg Westermann, Braunschweig 1903, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Umbildung_Fischer_und_siner_Fru.djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)