beherrscht, die Arbeit von ihnen völlig ausgebeutet wird. Der Auflößungsprozeß ist im Gange; nichts hält uns davon zurück, wenn wir nicht umkehren und Israel zur Umkehr veranlassen. Und hier stellen wir unsere dritte Forderung: Das moderne Judenthum muß an der productiven Arbeit theilnehmen. Bitte, etwas mehr Gleichheit!
Früher hieß es, die Emancipation werde die Juden mehr in die andern Erwerbszweige treiben. Nun sind sie emancipirt; es ist aber das Gegentheil eingetreten. Noch mehr als früher cultiviren sie die Erwerbszweige, bei denen leicht und viel verdient wird. Seit Kurzem drängen sie sich auch, nicht zum Heil der Rechtsprechung, in die Richtercollegien. An der Arbeit der Handwerker sind sie fast gar nicht, an der Fabrikation wenig betheiligt. Daraus folgt, daß sie an der Arbeit keine Freude, für die deutsche Arbeitsehre keine Sympathie haben. Die Devise „billig und schlecht“ kommt zum guten Theil auf ihre Rechnung. Sie sind überall da, wo es Noth und Speculationslust zu benutzen gilt. Gründen, Wuchern sind Geschäfte, die sie unleugbar mit Vorliebe treiben. Sie ernten gern, wo sie nicht gesäet haben. Wenn die große sociale Frage die Frage ist nach dem rechten Verhältniß zwischen Arbeits- und Capitalertrag, dann ist eine Thätigkeit, welche die Arbeit im Interesse des Capitals maßlos und systematisch ausbeutet, das schlimmste Element dieser Frage. Es ist wahr, die Juden haben durch Marx und Lassalle dafür gesorgt, daß sie auch in der Socialdemokratie ihre Freunde haben; die Nihilisten in Rußland sind zum Theil Juden. Trotzdem hat ihre einseitige Geldwirthschaft auch für sie drohende Gefahren. Für mich gipfelt die Judenfrage in der Frage, ob die Juden, welche unter uns leben, lernen werden, sich an der gesammten deutschen Arbeit, auch an der harten sauren Arbeit des Handwerkes, der Fabrik, des Landbaues zu betheiligen. Weiter sollen wir von ihnen nichts verlangen.
Die Allgemeine Zeitung des Judentums kann nicht umhin in dieser Hinsicht einige Warnungen zu erlassen. „Daß unter den Börsenspeculanten, Gründern und Schwindlern eine Anzahl
Adolf Stoecker: Das moderne Judenthum in Deutschland (Erste Rede). Wiegandt und Grieben, Berlin 1880, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stoecker_Zwei_Reden.djvu/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)