Gegen diesen streckte der Deichgraf seine Hand: „Unser Schulmeister,“ sagte er mit erhobener Stimme, „wird von uns hier Ihnen das am besten erzählen können; freilich nur in seiner Weise und nicht so richtig, wie zu Haus meine alte Wirthschafterin Antje Vollmers es beschaffen würde.“
„Ihr scherzet, Deichgraf!“ kam die etwas kränkliche Stimme des Schulmeisters hinter dem Ofen hervor, „daß Ihr mir Euern dummen Drachen wollt zur Seite stellen!“
„Ja, ja, Schulmeister!“ erwiderte der Andere; „aber bei den Drachen sollen derlei Geschichten am besten in Verwahrung sein!“
„Freilich!“ sagte der kleine Herr; „wir sind hierin nicht ganz derselben Meinung;“ und ein überlegenes Lächeln glitt über das feine Gesicht.
„Sie sehen wohl,“ raunte der Deichgraf mir ins Ohr; „er ist immer noch ein wenig hochmüthig; er hat in seiner Jugend einmal Theologie studirt und ist nur einer verfehlten Brautschaft wegen hier in seiner Heimath als Schulmeister behangen geblieben.“
Dieser war inzwischen aus seiner Ofenecke hervorgekommen und hatte sich neben mir an den
Theodor Storm:Der Schimmelreiter. Berlin: Gebrüder Paetel, 1888, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Storm_Der_Schimmelreiter.djvu/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)