Hauke, daß wohl ein paar Dutzend Menschen in eifriger Arbeit dort beisammen seien, und schon sah er deutlich, daß eine Rinne quer durch den neuen Deich gegraben war. Gewaltsam stoppte er sein Pferd: „Halt!“ schrie er; „halt! Was treibt Ihr hier für Teufelsunfug?“
Sie hatten in Schreck die Spaten ruhen lassen, als sie auf einmal den Deichgraf unter sich gewahrten; seine Worte hatte der Sturm ihnen zugetragen, und er sah wohl, daß mehrere ihm zu antworten strebten; aber er gewahrte nur ihre heftigen Gebärden; denn sie standen Alle ihm zur Linken, und was sie sprachen, nahm der Sturm hinweg, der hier draußen jetzt die Menschen mitunter wie im Taumel gegen einander warf, so daß sie sich dicht zusammenscharten. Hauke maaß mit seinen raschen Augen die gegrabene Rinne und den Stand des Wassers, das, trotz des neuen Profiles, fast an die Höhe des Deichs hinaufklatschte und Roß und Reiter überspitzte. Nur noch zehn Minuten Arbeit – er sah es wohl – dann brach die Hochfluth durch die Rinne und der Hauke-Haienkoog wurde vom Meer begraben!
Der Deichgraf winkte einem der Arbeiter an
Theodor Storm:Der Schimmelreiter. Berlin: Gebrüder Paetel, 1888, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Storm_Der_Schimmelreiter.djvu/215&oldid=- (Version vom 1.8.2018)