Seite:Superioris Saxoniae (Merian) 124.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Vnterthanen plagen / vnnd dich mit der Nasen vmbführen? Erzehlte also mit vielen Exempeln / wie es die Beampten mit den armen Leuthen trieben. Der Landgraf ließ sichs nicht mercken / fasset gleichwol solches zu Ohren / vnd Hertzen / vnd ward hernach scharpff vnd ernsthafftig gegen die Wiederspenstigen. Dasselbe wolten etliche nicht leyden / vnnd stunden ihm heimblich vnd öffentlich nach Leib vnd Leben. Muste derowegen immer ein eysern Pantzer am Leibe tragen / daher man ihn den Eysern Landgraff nennete. Als nun dieser Eyserne Landgraff sterben wollen / hat er seine Ritterschafft vor sich gefordert / die ihme vordessen widerspenstig gewesen / vnd ihnen befohlen / daß sie ihn / wenn er verschieden / auff ihren Achseln / von Freyburg biß nach Reinhardtsbrunn / tragen solten / zu seinem Begräbnuß / welches sie ihm auch zugesagt / vnd gehalten / vnd als er Anno 1173. verstorben / haben sie ihn weiter / als zehen Meyl Weges / auff ihren Achseln tragen müssen. Er verließ drey Söhne / Ludwig den V. genandt der Milde / der nach ihme regieret / aber keine Erben verlassen: Herman Pfaltzgraff zu Sachsen / vnd Friederich Graff zu Ziegenhain. Dieser Landgraff Herman / ist / melden die Scribenten / bey den Teutschen Fürsten in grossem Ansehen gewesen / weil er ein frommer / weiser / gerechter / keuscher / großmühtiger / dapfer / vnd sieghafftiger Fürst / vnd so Gottseelig / daß er nicht zu Bette gangen / er habe ihme denn zuvor etwas auß Heiliger Schrifft / Lateinisch oder Teutsch / vorlesen lassen. Hat auch sonderlich gerne in Historien gelesen / darinnen der alten Fürsten dapffere Thaten beschrieben; dieser hat mit seiner andern Gemahlin / Fraw Sophia / einer Hertzogin auß Bäyern / vier Söhne gezeuget. 1. Ludovicum, den man den Heiligen nandte / dessen Gemahlin S. Elisabeth gewesen / der hat nachmals seinem Vatter im Regiment gefolget. 2. Hermannum der jung gestorben. 3. Conradum, welchem Keyser Friederichs deß Andern Tochter / Fräwlein Agnes verehlicht ward. 4. Heinricum, der hernach zum römischen Keyser erwehlet / vnd für Vlm erschossen worden Anno 1248. Was man nun im gemeinen Sprichwort zusagen pfleget: der Apffel fellet nicht weit vom Stamm / das hat sich auch bey diesem Landgraff Ludwigen in der That befunden: denn demnach derselbe im Jahr Christi 1200. gebohren / am Tage Simonis vnd Iudae, vnd von seinem H. Vatter Landgraff Herman / von Kindesbeinen an / zur Gottseeligkeit vnd allen Fürstlichen Tugenden erzogen / vnd angehalten worden / hat er Gott vnd sein Wort / vnd seine Diener sonderlich lieb gehabt / vnd seinen Prediger / M. Conradum von Marpurg / einen gelehrten / eyfferigen Mann / bey dem Lehr vnnd Leben allezeit zusammen getroffen / in grossen Ehren gehalten / die Predigten mit grosser Andacht gehöret / in der Bibel fleissig gelesen / vnd ihm stets das Jüngste Gericht zu Gemüth geführet / an welchem man dermal eins GOtt dem gerechten Richter scharpffe Rechenschafft / von jedem Wort / Gedancken / vnnd Wercken / geben müsse. Sein Hoff ist gewesen ein Rechte Schul der Gottseeligkeit / vnd Erbarkeit / dann er hat an seinen Hoffdienern / die sonsten gewöhnliche Laster / sonderlich Lügen / Fluchen / Schweren / Fressen vnnd Sauffen / gantz nicht dulten können / vnd so einer vnder denselben / etwa zum fluchen / oder verwegenem schweren / deß Nahmens Gottes mißbraucht / hat derselbe einen Höltzernen Eselskopff vor allen andern / so lang müssen vmbtragen / biß es ein ander auch versehen / vnd diesen Esel annehmen müssen. Den Römischen Keyser hat er vor sein Haupt vnnd Oberherrn erkennet / vnnd demselben trew vnnd gehorsamb gewesen / die Vnderthanen hertzlich geliebet / Wittiben vnd Wäysen beschützet / vnd ist gegen die Armen sehr gutthätig gewesen / also dz er auch zuweilen selber die Hospital besucht / vnnd gesehen / wie die Armen möchten versorget werden. Darumb er auch der Heilige genandt / vnnd allenthalben sehr gerühmet worden. Dannenhero ihme auch / als Anno 1207. dem Könige Andreae in Vngarn eine Tochter gebohren / mit Nahmen Elisabeth / dieselbe / im vierdten Jahr ihres Alters / zu Preßburgk in Vngarn Ehelichen

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Superioris Saxoniae. Frankfurt am Mayn: Eigenverlag, 1650, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Superioris_Saxoniae_(Merian)_124.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)