Seite:Superioris Saxoniae (Merian) 330.jpg

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vnd behelt / es in einem gantzen Jahr nicht faul / oder stinckend wird / noch einige trübe Materien setzet. Ferner tröpflen in dieser Höhle die harten SteineTropffen / welche im herunter fallen in einen weissen vnd härtlichten Stein zusammen wachsen / nit anderst / wie Winters Zeit die Eißzapffen. Diesen Stein heissen wir / nach vnser Spraach / Tropffstein. Etliche haltens für das Nitrum Stillatitium, davon die Goldmacher viel halten / etc. Die Bawren dieser Ends machen solche Steinzacken zu Pulver / vnd streuen dasselbe in der verletzten Last-thier Wunden / oder Geschwär / dann es sehr trockenen soll. Vber das / werden hin vnnd wider in allen Gängen vnnd Löchern der Höle / gefunden / allerley Thier Gebeine von Würmstichen / vnnd Fäulen / sehr vnflätig / vnd fast verzehret / etc. welche man den Vnerfahrnen für Einhorn verkaufft / vnd ihnen grosse Krafft zuschreibet / etc. Vnder diesen Knochen werden Zähne gefunden / deren Dicke bezeuget / daß es vngeheure / vnd grosse schreckliche Thiere gewesen seyn müssen. Vor etichen Jahren hat man auch ein gantz Gerippe eines Menschlichen Leibes gefunden / in solcher Grösse / so da weit vbertrifft die Grösse der Menschlichen Leiber / wie sie jetzt auff Erden gezeuget werden / etc. Es seynd auch andere Todtencörper gewöhnlicher Grösse darinnen gefunden / ohne zweiffel der jenigen / so sich darinnen verirret gehabt / vnd den Weg nicht wider herausser finden können / etc. Es seyn etzliche sehr tieff durch die Gänge hinab in die vnterste Löcher gangen / vnd sich hinunter gelassen; dieselbe erzehlen / sie hetten ein Brausen / vnd Geräusch deß Wassers / wie eines starcken Flusses / so mit Gewalt herab fleust / gehöret. Vnd wird starck gemuthmasset / daß die Thier / vnnd Riesen / deren Gebeine man in dieser Höhlen gefunden / zur Zeit der Sündflut hinein kommen seyn möchten / in deme / durch die grosse Gewalt deß Wassers / gantze Giepffel der Berge auffgehaben / vnnd vber die runden Thäle (so allerseits mit Bergen vmbgeben;) vnnd Steinbrüche / nider gesetzt / vnnd habe also diese Gänge / vnd Höhlen gemacht / vnd die Thiere darein verschlemmet. etc. Als ich dieses zusiegeln wollen / felt mir noch eine andere Höhle ein / so zwar Baumans Höhl vngleich / aber doch zuerzehlen denckwürdig. Diese Wässerrichte Höhle liegt in der Graffschafft Klettenburg (al. Klettenberg / so jetzt für ein Ampt / oder Herrschafft / in der Graffschafft Hohenstein oder Hohnstein / gerechnet wird / vnd nunmehr dem Herren Churfürsten zu Brandenburg / vermög General Friedens-Schlusses / gehörig ist /) vnweit von der Statt Ellerich. Die Einwohner daherumb nennen sie die neue Kelle / zum vnterscheid einer andern Gruben / oder Erdfelß / so voller Wassers / vnd vnder dem freyen Himmel / vnweit von dieser / lieget / vnd die alte Kelle genant wird. Diese newe Kelle aber ist vnter der Erden / vnd hat einen sehr weiten offenen Eingang / also / daß es ziemblich liecht darin ist. Der Berg / vnter welchem die Höhle gehet / ist dick bewachsen von Bäumen / vnd fruchtbar von allerhand Gewächs / Wiesen / vnd dergleichen. Im Eingang der Höle wächset das gifftige Nachtschattenkraut. Ferner / so ist diese Höle am Obertheil von Natur zusammen gewölbet mit starcken Steinen: die Länge / so viel man abnehmen kan / ist vber 18. die Braite aber vber 16. schuhiger Meßgerten lang. Vom Eingang ist der Abstieg biß auffs Wasser hinunter gefährlich / vnnd so tieff / daß einer / so vnten am Wasser stehet / den andern / so droben im Eingang stehet / nicht einen Menschen / sondern etwan einen Raben / vnnd dergleichen zu seyn duncket. Das Wasser ist hell / vnnd still / nimbt nicht ab / noch zu / ist sehr kalt / vnnd seynd keine Fische / noch andere lebendige Thiere darinnen. Die Tieffe hat noch niemahls ergründet werden können.

Durch die mitten der Höhle / nach der Länge vberm Wasser / gehen Felsen hervor / welche / wie eine Mawer / das mittelere Wasser von einander scheiden. Wann ein Stein auff den Felsen geworffen wird / so höret man denselben mit einem Klang in tieffere Wasser fallen. Auff dem Berg gegen der Hölen vber / ist eine Capell S. Ioh. geheiligt: dieselbe hat zu gewisser Zeit / als dz Bapstumb noch dieser Oerter gewesen / pflegen zubesuchen der Priester zu Ellerich /

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Superioris Saxoniae. Frankfurt am Mayn: Eigenverlag, 1650, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Superioris_Saxoniae_(Merian)_330.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)