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wollte grossen Beyfall fanden. Sie verehreten einen gewissen Abgott[1] der wie sie lehreten, vermittelst einer mechanischen Operation, täglich Menschen schuf. Diesen Gözen sezten sie in dem obersten Stokwerk des Hauses auf einen Altar der ungefehr drey Fuß hoch war. Hier saß er wie ein Persianischer Kayser, auf einem flachen Raum, mit kreuzweise über einander geschlungenen Beinen. Zum Zeichen führete er eine Gans[2] daher es denn kömmt, daß einige Gelehrte seine Abstammung von dem Jupiter Capitolinus herleiten. Zur Linken gleich unten am Altar, schiene die Hölle[WS 1] ihren Rachen aufzusperren, und nach den Thieren (Animalibus) zu schnappen, welche dieser Abgott erschuff. Dieses zu verhintern warfen einige Priester immerfort Stüke von der noch ungeformten Materie oder Substanz, zuweilen auch ganze und schon belebte Gliedmassen hinein, welche dieser gräßliche Höllenschlund ganz unersättlich verschlang, also daß man ohne Entsezen nicht zusehen konnte. Die Gans ward ebenfalls als eine untere Gottheit oder als ein Deus minorum gentium angesehen, deren man dasjenige Thier[3] opferte welches sich stets mit geronnenem Menschenblut nähret, und auch auswärts sehr berühmt ist, weil der Egyptische Cercopithecus es so ungemein liebet. Viele Millionen solcher Thiere wurden täglich geschlachtet, den Hunger dieser untern Gottheit zu stillen. Den Hauptabgott


  1. Hierdurch wird ein Schneider verstanden.
  2. Das Bügeleisen.
  3. Eine Laus.
  1. Behälter für Flicken und Stoffreste.
Empfohlene Zitierweise:
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/103&oldid=- (Version vom 1.8.2018)