Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
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Weltalter, diejenigen grossen Begegnisse, welche nachgehends daraus entsprungen sind, desto besser begreifen möge. Daher ich den geerhrten Leser will erinnert haben, dasjenige was ich über diese Materie geschrieben habe, mit der äussersten Aufmerksamkeit mehr als einmal zu durchlesen, hiernächst aber die Feder meiner Historie wieder zur Hand nehme, und in meiner Erzehlung fortfahre.
Der Glaube demnach an diese vorgemeldete Lehrsäze und ihre Ausübung, war unter den artigen und geschmakvollen Personen bey Hof so wol als in der Stadt so sehr allgemein, daß unsere drey Brüder nach ihren damaligen Umständen nicht wußten, was sie thun sollten: Denn auf der einen Seite trieben die drey vorhin benannten Frauenzimmer, an welche sie sich gewendet hatten, die herrschende Mode immer aufs höchste, und verabscheueten alles was nur ein Haar breit davon abgieng. Auf der andern Seite war ihres Vaters Testament sehr bestimmt, und enthielt noch dazu das ausdrükliche und mit den schwersten Strafen auf die Uebertretung verwahrete Gebot; sie sollten zu ihren Kleidern nicht einen Faden hinzu, noch davon thun, ohne ausdrücklichen Befehl dieses väterlichen lezten Willens. Nun waren zwar diese Kleider die ihr Vater ihnen hinterlassen hatte, von sehr schönem Tuch, und dabey so sauber genehet, daß man hätte schwören sollen, sie wären aus einem Stük; zugleich aber waren sie ganz schlecht, und bey
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/108&oldid=- (Version vom 1.8.2018)