Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
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und ausüben muß. Zugleich aber muß ich gestehen, daß vor einiger Zeit ein gewisser grosser Philosophus auf einer Brasilianischen Insel an so was gedacht, und ein curieuses Recept hiezu vorgeschlagen hat. Ich habe dasselbe nach seinem nur allzufrühzeitigen Absterben unter seinen
[147] consummatissimi, & de tota Ecclesia jam dudum meritissimi. Ich will dem geehrten Leser einige nachdrükliche Verse daraus mittheilen, darinnen von dem kleinen Begrif der Gelehrsamkeit gehandelt wird.
Der Tag vertreibt die finstre Nacht,
Es wird alle Tage was neues erdacht:
Es ist su Mode bey unsern Leütgen;
Erst warens Fontanschen, nu sinds kleene Deütgen.
Sis hol mich der Deütscher ene brave Sache,
Wenn ich kleene subtile Sächelgen mache;
Denn wenn ich ha drey Helmer Stroh,
So färb ich sie bunt, bald so, bald so,
Das giebt mir ein Büchsgen zum Fiken-Uehrgen,
So machens och unsere Herren Studirgen:
Sie han sich lossen ä Büchsgen drihn,
Da die kleen Künstgen alle nein gihn,
Su kleen, su kleen, daß mans nikt glaubt,
Ich häs ä paarmol uffgeschraubt,
Und häs daheem meiner Frau gewiesen.
Sie sagte, sie hätte ä mal vor diesen
Geburt, daß vor veel hundert Johren,
Ene Gräbin 365. Kinger geboren,
Sie häts in ener ohlen Kronike gelesen,
Sie wären och nik grösser gewesen,
Sie waren aber alle gestorben;
Ich denke die Künstgen sine och verdorben,
Weil sie su kleen sinn abgeschungen,
Ins Büchsgen met Gewalt gezwungen;
Denn was su oft is abgezogen,
Wird ganz verschoren und zerbogen,
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/162&oldid=- (Version vom 30.7.2018)