Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
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Ungeheuer begierig saugten: Wobey das selzamste ist, daß die Milz durch das Saugen mehr zu- als abnahm.
Göttin, sprach Momus, könnet ihr ruhig hier sizen, indessen daß unsere getreuesten Verehrer den Augenblik in ein blutiges Treffen gehen, oder wol gar unter dem Schwert ihrer Feinde schon würklich erliegen? Wer wird uns in solchem Fall künftig mehr Opfer bringen? Wer unsern Gottheiten Altäre bauen? Eilends erhebt euch deswegen nach der Brittannischen Insel, den Untergang unserer Freunde wo möglich zu verhüten, indessen daß ich Factionen unter den Göttern stifte, und sie auf unsere Seite verleite.
Als Momus dieses gesagt hatte, wartete er nicht lange auf eine Antwort, sondern überließ die Göttin ihrer eigenen Rachbegierde. Rasend sprang sie auf, und redete, (wie in dergleichen Fällen zu geschehen pflegt,) so mit sich selbst: Ich bins, (sagte sie,) die den Kindern Weisheit, und den dummen Verstand giebt. Durch mich werden die Kinder klüger, als ihre Väter; Stuzer zu Staatsverständigen, und Schüler zu Richtern der Philosophie. Durch mich disputiren Sophisten, und entscheiden die schweresten Fragen in den Wissenschaften. Ich lehre die sinnreichen Köpfe auf den Caffeehäusern, wie sie die Schreibart eines Verfassers kritisiren, und auch seine geringsten Fehler entdeken sollen, wenn sie gleich nichts, weder von der Sache, noch von der Sprache verstehen. Durch mich verschwenden Gelbschnäbel ihren Verstand, wie sie ihr Vermögen verschwenden, noch ehe sie
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/312&oldid=- (Version vom 1.8.2018)