Seite:Sylvicultura oeconomica.pdf/128

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 1.

WEnn von der nunmehr unumgänglichen Nothwendigkeit und künfftigen grossen Nutzen des Holtz-Säens und Pflantzens eine Erwehnung geschicht, so wird man (wie bereits oben erwehnet) bald hören / es sey dieses nicht nur eine vergebliche / sondern auch ungewöhnliche neue Sache / daß man mit der Hand gedächte grosse Refieren und weitschweiffige kahle Plätze mit Bäumen wieder zubesetzen / welches bey den Vätern nicht gesehen worden.

Et dubitant homines serere, atque impendere curam sagt der Hauß-Wirth Virgilius, daß nehmlich jederman bedencken trüge / Mühe und Arbeit dran zu wenden.

Nun ist es wohl an dem / wenn in einem Lande ein Mißbrauch oder Unordnung und Unwissenheit einmahl eingeschlichen / so bleibet solche gemeiniglich so feste / daß die Posterität dergleichen üble und veraltete Gewohnheit abzuschaffen / viel zu schwach und verdrossen wird / verharret also selbige bey denen Einwohnern dergestalt eingewurtzelt, und läst sich nicht ausbilden, biß das contrarium durch viel Exempel dargethan wird.

Aber man mag die Augen hin wenden wo man will / so findet man bey allen occupationen, Handwercken und Wissenschafften / daß bey jeden etwas neues und nützliches von wenig Zeiten her ersonnen und für gut probiret worden.

Und zwar da man von dem gemeinen Wahn / Gebrauch und methode abgewichen / so hat man wahrgenommen / daß in einem und dem andern eine Verbesserung erfolget / oder doch viel Arbeit und Unkosten erspahret / überhaupt aber ein näherer Weg und dienlichere Mittel erlanget worden.

Warum solte dann auch bey der höchstnöthigen Sylvicultura dergleichen nicht zu hoffen seyn?

§. 2. Zwar es will anietzo niemand hierunter Hand anlegen und einen Versuch thun / sondern / wie unsere Vorfahren / solches allein von der gütigen Natur erwarten.

Und ob gleich unterschiedene Oerter / Dörffer und Städte selber keine eigene Höltzer haben / und in etlichen Seculis solche zu Feldern und Wiesen gemacht / so meynet man doch / daß nachdem sie des benöthigten Brenn- und Bau-Holtzes hätten in der Nachbarschafft erholen können / so werde künfftighin uns eben dergleichen Weg offen stehen / und wir einsten an Holtze verhoffendlich keinen Mangel zu befürchten haben.

Allein da jetzt fast nirgends mehr von Holtze was anzutreffen / wird sie und uns der anscheinende Mangel den Wiederwachs und dessen Pflantzung mit menschlicher Arbeit / und Hand zu befördern / schon

Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/128&oldid=- (Version vom 14.2.2021)