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Die Ander, ist mir recht, ward von der Sau genommen,
O Elend ist der Mann, der solches Kreutz bekommen!
Der Leib ist kurtz und dick, die Lippen aufgestutzt.
Das Haar ist ungekämt. Die Nas ist ungeputzt.
Die Brust und Hände sind mit Koth und Schweiß geschmincket,
Daß sie von fernen her nach ihrer Farbe stincket;
Noch wäschet sie sich nicht, als etwan übers Jahr,
Wenn sie geliegen muß und nunmehr die Gefahr
Und Last hat abgethan. So ist auch Haub und Kragen,
Der Schleier und das Hembd, das sie, für vierzehn Tagen,
Halb rein hat angelegt. Der Rock hat einen Saum,
Von hinten Finger dick, von fornen beugt er kaum.
Schau jenen Haufen an, vom Saustall ausgeführet,
So ist ihr gantzes Hauß. Die leichte Spinne zieret
Die Fenster um und um. Sie henget an die Wand
Ihr zartes Meister-Stück, Minerven wie zu Schand.
Ist es denn Essens-Zeit: Magd, spricht sie, such die Teller
Dort unterm Tisch hervor. Sieh zu, ob in dem Keller
Noch Bier vorhanden ist. Das Tischtuch lieget dort.
Doch zieh das Kind erst an. Huy Schleppsack, geh doch fort.
Die Windlein sind fein voll. Ruf meinem Mann zum Essen.
Setz mir die Milch zum Feur. Was hätt ich schier vergessen?
Gib dort den Kohl-Topf her. Wie? treuget mich der Sinn?
Ach weh mir! eine Mauß liegt warlich todt darinn.
Doch ist es nur versehn. Wer weiß es, was ich finde?
Beliebt es keinem Gast, so dient es dem Gesinde.
Was deucht dich, mein Gesell, wie könte wol ein Schwein,
Von einer Sau gebohrn, der Mutter gleicher seyn?

Die Dritte folgends ist von einem Fuchs entsprossen.
Und der hat die Natur viel Böses eingegossen.
Jedoch viel Gutes auch. Sag mir, was sie nicht weiß,
Was sie nicht hat erfahrn. Du Thales, gib den Preiß

Empfohlene Zitierweise:
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)