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Das ist die rechte Treu, die mit Bestand sich übt.
Wer auf zu lieben hört, der hat noch nie geliebt.
Ein solcher Ehren-Mann wird auch in keine Wegen,
So groben Bauren-Schertz im Schein der Freundschaft pflegen,
Nicht rühren, was nur kränckt, nicht sagen, was verdreust.
Der ist ein arger Feind, der in dem Spielen beist
Nach Hund und Katzen-Art. Viel lieber will ich leben
Entäussert aller Zunft, und nimmer mich begeben
In solcher Freunde Zahl. Ob mich denn Niemand kennt;
So bleib ich zwar allein, doch gleichwohl ungeschändt.
Gedencke bey dir selbst: Kommt Jemand angegangen
Noch fremd und unbekannt; er wird gar wohl empfangen
Bescheidentlich gegrüst: Ein jeder steht gebückt:
Der Boden wird geschart: Der Hut wird oft gerückt;
Kein Heuchlen wird gespart: Kein Höflichkeit vergessen:
Die Titul werden ihm mit Scheffeln zugemeßen.
Sobald er aber sich durch einen guten Schmauß
Giebt in die Brüderschaft; ist Zucht und Tugend aus.
Kein ehrerbietig Wort wirst du forthin mehr hören.
Monsieur, Monsieur, mein Herr, wird in du du verkehren.
Ja was für Schmach und Spott man schertzend auf ihn schleust;
Er muß, wiewol es ihn, bis in die Seel verdreust
Dennoch zufrieden seyn, nicht zürnen oder weichen.
Anstatt des Compilments läst man wol einen streichen,
Der nicht nach Biesem reucht. Es kan für Schertz bestehn.
Was keinen Zollen gibt, das läst man frey ausgehn.
Wer sich mit solchen nährt, der muß sich des besinnen:
Ein Bruder oder Freund, der kan zu grob nicht spinnen.
Und was begehrst du mehr, wenn er auch zeugt auf sich,
Und spricht so raum heraus: Du Hundsfott gleich wie ich?
O du Cyklopen Art! Unflätige Gesellen!
Den Hirten bey dem Vieh, den Buben in den Ställen
Steht solches Schertzen an. Die Freundschaft sey verflucht,
Die mir zu Schimpf und Spott die lose Freyheit sucht.

Empfohlene Zitierweise:
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/82&oldid=- (Version vom 1.8.2018)