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Kein ehrliches Gemüth kan solche Weis ertragen,
Es sey denn daß er muß, im Fall er ungeschlagen
Will von der Stäte gehn. Denn weigert er den Trunck:
So hat er einen Krieg. Bin ich dir noch zu jung?
Spricht Juncker Leckermilch; so nimm was in den Fäusten
Und such wer Meister sey. Ich will dir Schul-Recht leisten.
Was bist du mehr als ich? Bin ich von einer Sau?
Ist meine Mutter nicht ein Ehren-wehrte Frau?
Was will ein redlichs Hertz in einer solchen Zeche
Und solchem Falle thun? Will er mit diesem Peche
Nicht übel seyn beschmuzt: So spricht er mit Bedacht,
Und nimmt die Brüderschaft, als wie sie wird gebracht.
Jedoch was will man viel von naßen Brüdern sagen?
Auch die, so zu der Welt nur ein Leib hat getragen,
Von einem Vater her, die einer Mutter Brust
Hat säugend aufgebracht, empfinden schlechte Lust
Und Liebe gegen sich. Es ist kein Neid auf Erden
Dem Brüderlichem gleich, wenn sie entrüstet werden.
Es lebt noch Cains Art, und Abel leidet Noth.
Der erste Bruder schlug ergrimmt den andern todt.
Es war das neue Rom mit Bruder Blut begoßen.
Der von der Wölfin hat die Mutter Treu genoßen,
Bringt seinen Bruder um. Des Atreus Gasterey
Bezeuget was der Zorn ergrimmter Brüder sey.
Nicht besser geht es zu bey Schwägern und Verwandten.
Man findet grösser Gunst bey fernen Unbekandten.
So lange bist du Freund, als dir kein Geld gebricht.
Begehrst du aber was; so kennet man dich nicht.
Und ob gleich die Natur das Hertz in etwas rühret
Und der Verwandschafts-Pflicht zu hinterdencken führet:
So löschet doch der Geitz, die Ehre oder Gut
Das heilig Füncklein aus und macht nur kaltes Blut.
Pompeg und Julius, der Auszug aller Helden,
Von derer Tapferkeit der Römer Schriften melden,

Empfohlene Zitierweise:
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/83&oldid=- (Version vom 1.8.2018)