Dritten Aufruf an sein Volk kürzte diese Zeit um ein volles halbes Jahr, denn unter den sich freiwillig zum Eintritt Meldenden war auch mein Vater, damals noch nicht voll siebzehn Jahre alt. Ueber die nun folgende Kriegszeit habe ich ihn oft sprechen hören, meist durch mich veranlaßt der ich nicht genug davon hören konnte. „Du warst also wohl sehr patriotisch, lieber Papa“. – „Nein, höchstens Durchschnitt. Offen gestanden, ich machte nur so mit. Wenn man siebzehn Jahr alt ist, erscheint einem ein freies Soldatenleben hübscher, als ein Lehrlingsleben. Und wie’s im Liede heißt „eine jede Kugel trifft ja nicht.“ Aber wenn ich auch anders hätte denken wollen, ich hatte keine rechte Wahl. In dem Tuchgeschäfte von Köppen und Schier, dessen Du Dich, weil Du ja selber in der Burgstraße gewohnt hast, vielleicht noch entsinnst trat damals eine adlige Dame ein und wurde von einem hübschen jungen Manne mit blondem Schnurrbärtchen bedient. „Ich wundere mich, Sie hier hinter dem Ladentisch zu sehn.“ – „Ich nicht, meine gnädigste Frau; ich stehe hier lieber als anderswo.“ – „Das seh ich,“ antwortete die Dame und dem hübschen Blondin eine Ohrfeige gebend, verließ sie das Lokal. Das war so die Stimmung damals und weil ich dergleichen nicht gern erleben wollte,
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: Fontane, 1894, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/015&oldid=- (Version vom 1.8.2018)