und machten in diesem die Schlacht mit. Mein Vater erhielt eine Kugel in den Tornister, die, nach Durchbohrung eines kleinen Wäschevorraths, in den Pergamentblättern einer dicken Brieftasche stecken blieb. Diese Brieftasche, mit der Kugel darin, hab ich mir oft zeigen lassen.
„Du mußt wissen, mein lieber Sohn, es war kein Schuß von Hinten; wir stürmten einen Hohlweg, auf dessen Rändern, rechts und links, französische Voltigeurs standen. Also Seitenschuß“. Das unterließ er nie zu sagen; er war vollkommen unrenommistisch, aber darauf, daß dies ein „Seitenschuß“ gewesen sei, legte er doch Gewicht.
Der Schlacht bei Groß-Görschen folgte die bei Bautzen und dieser wiederum eine Reihe kleinerer Scharmützel und Gefechte. „Die waren Dir nun wohl vollkommen gleichgültig?“ fragte ich. – „Kann ich durchaus nicht sagen.“ – „Ich dachte, daß die Macht der Gewohnheit…“ – „Diese Macht der Gewohnheit ist im Kriege, wenigstens nach meiner persönlichen Erfahrung, von keinerlei Trost und Bedeutung. Eher das Gegenteil. Man sagt sich, wer drei oder viermal heil durchgekommen ist, hat Anspruch, das fünfte Mal dran glauben zu müssen. Eine Karte, die viermal gewonnen, hat immer Chance, das fünfte Mal zu verlieren.“
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: Fontane, 1894, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/017&oldid=- (Version vom 1.8.2018)