meines Vaters überraschen, denn er war ganz ausgesprochen für leben und leben lassen und jedenfalls der unstraflustigste Mann von der Welt. Daß er nun, dem allen zum Trotz, doch gelegentlich zu Strafvollstreckungen aus eigener Initiative schritt, hatte in ganz kleinen Nebenzügen seines Charakters seinen Grund, in etlichen Sonderbarkeiten, die freilich ganz zu ihm gehörten und erst recht eigentlich das aus ihm machten, was er war, ein Original. Unter diesen kleinen Nebenzügen waren zwei, für mich wenigstens, von ganz besonderer Bedeutung: er war zunächst allemal außer sich, wenn eine Fensterscheibe neu eingesetzt werden mußte und gerieth zum zweiten und zwar weit über den Fensterscheiben-Ärger hinaus, in eine kleine Berserker-Rage, wenn ihn das Riesendach seines Hauses, weil es wieder mal durchgeregnet hatte, zu Einlegung von ein paar neuen Dachziegeln zwang. An diesen beiden Eigenthümlichkeiten ist der Frieden meiner Kinderjahre mehrfach gescheitert. Ich war ein eifriger Ballspieler und bevorzugte jene besondere Form des Spiels, wo sich einer meiner Kumpane mit dem Rücken an die Wand stellen und seine rechte Hand ausstrecken mußte. Nach dieser Hand zielte ich nun und war ich dabei nicht geschickt genug, so flog der Ball gelegentlich in eine Scheibe. Danach kam dann das Strafgericht. Aber
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/249&oldid=- (Version vom 1.8.2018)