„Das ist Recht. Ihr habt eine Tugend, ihr seid alle nicht begehrlich, nicht happig. Aber da wir nun mal dabei sind und ich nicht weiß, wie lang ich auf dieser sublunarischen Welt noch wandle, so möcht’ ich doch über all diese Dinge noch ein Wort zu Dir sagen. Es giebt immer noch ein paar Leute, die denken, das jeu sei Schuld gewesen. Ich sage Dir, das ist Unsinn. Das war nur so das Zweite, die Folge. Schuld war, was eigentlich sonst das Beste ist, meine Jugend und wenn es nicht lächerlich wäre, so möcht’ ich sagen, neben meiner Jugend meine Unschuld. Ich war wie das Lämmlein auf der Weide, das ’rumsprang, bis es die Beine brach.“
Er blieb einen Augenblick stehn, denn er litt an asthmatischen Beschwerden und ich mahnte ihn, daß es wohl Zeit sei, umzukehren.
„Ja, laß uns umkehren; wir haben dann den Wind im Rücken und da spricht es sich besser. Und ich habe doch noch dies und das auf dem Herzen. Ich sagte eben, meine Jugend war schuld. Und das ist auch richtig. Sieh, ich hatte noch nicht ausgelernt, da ging ich schon in den Krieg und ich war noch nicht lange wieder da, da verlobte ich mich schon. Und an meinem 23ten Geburtstag habe ich mich verheirathet und als ich 24 wurde, da lagst Du schon in der Wiege.“
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/296&oldid=- (Version vom 1.8.2018)