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haben“, diese Worte rief unser Herr Rektor über die große, im Regen stehende Menge hin, als an ihn die Reihe der üblichen Hammerschläge kam. – Am Donnerstag, den 23. November, wird der Dachstuhl der neuen Kirche aufgerichtet.

 Heute wurde über den Schluß des Evangeliums Johannis gepredigt, über welches nun zwei Jahre lang in den Freitagsgottesdiensten gehandelt worden ist. An den Wochengottesdiensten des Feierabendhauses werden Psalmen ausgelegt. Die Probeschwestern empfangen am Mittwoch abend mit den Blauen Unterricht über Kirchenlied. Mit den Blauen nimmt Herr Rektor in den Hauptstunden die Propheten Sacharja, Haggai, Maleachi und Jeremias durch. Es wird viel gelehrt und gelernt unter uns, und wenn man so durch das Haus geht und überall die Stimme der Lehrerin hört, überkommt einen eine Befriedigung, daß auch an unserem Teile mit Fleiß und Ernst die Unwissenheit aus der Welt geschafft wird. – Herr Kirchenrat Lotze, unser treuer Freund und früherer Konrektor, ist zum Ehrendoktor der Theologie von der Universität Erlangen ernannt. Das wird alle, die noch aus alter Zeit stammen, interessieren und freuen. – In letzter Zeit haben die Schwestern viel geklügelt über ihren Etats, um Defizite zu vermeiden. Das will oft nicht ganz leicht sein. Aber wie müssen wir danken, daß Gott uns immer wieder durchgeholfen hat und für den groß gewordenen Haushalt immer wieder beschert, was er bedarf. Ich las dieser Tage in Herrn Pfarrers Leben gerade den Abschnitt, der uns einen Einblick tun läßt, wie viel Sorge ihn doch auch oft gequält hat. Und wie denke ich an manches Wort unserer seligen Frau Oberin, das ich jetzt besser verstehe als zu der Zeit, da es gesprochen wurde.

 Wahrlich, wir haben Ursache, ein dankbares Geschlecht zu werden. Daß wir versetzt sind in das liebe, lichte Reich des Sohnes Gottes und berufen sind zum Erbteil der Heiligen im Licht, das ist wahrhaftig die größte Ursache zu täglichem Dank und täglich neuer Freude. Ja, dankbar und froh und voll demütigen Glaubens wollen wir vom alten ins neue Jahr, vom alten ins neue Jahrhundert hinübergehen und in aller Angst und Not, in allen Stürmen und Versuchungen die starke Hand ergreifen, die uns hindurchretten will. Verachtet es auch

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Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/143&oldid=- (Version vom 17.10.2016)