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noch weniger wollen wir von uns selbst reden. Aber wie die Blumen durch ihr stilles Blühen ihre Umgebung erfreuen, so sollen wir unserer Umgebung nie zum Leide, aber immer zur Freude leben.

 Ich brauche Euch nicht erst zu bitten, daß Ihr doch recht in Löhes Schriften eindringt und sie studieren wollet, daß Ihr Euch auch erklären laßt, was Euch nicht verständlich ist. Ihr sollt nicht umsonst am 21. Februar den Segen empfangen und die teure Unterweisung von Herrn Rektor Bezzel aufgenommen haben.

 Steht Ihr doch auch untereinander in Verbindung und ermahnt eine die andere, wenn sie merkt, daß die Mitschwester in Gefahr steht? Wir sind füreinander verantwortlich.

 Und noch eins: Herr Pfarrer Löhe hat uns Idealismus vorgelebt. Dies teure Erbe nehmt an Euch und bewahrt und hütet es. In dieser realistisch und materialistisch gerichteten Zeit soll es Kreise geben, die den idealen Flug, der diesem Hause eingestiftet ist, verstehen und sich zu eigen machen und ihn mitten unter den Versuchungen von rechts und links bewahren. Liebe Schwestern, laßt mich diese Bitte nicht vergeblich an Euch richten.

Gott behüte Euch! Eure Therese.


An die Schwestern Marie Winterstein, Wilhelmine Kißner und Anna Immler, Mutterhaus.
München, Misericordias 1910

 Meine lieben Schwestern Marie, Wilhelmine und Anna, ich danke für die Sendung und alle Nachrichten. Gerne erzähle ich ein wenig weiter von meinen Erlebnissen:

 Die Bibelstunde vorigen Donnerstag handelte von unheiliger Genügsamkeit und von heiliger Ungenügsamkeit (wie Philippus sie hatte: „Zeige uns den Vater, so genüget uns“). „Wer den Sohn höret, der siehet den Vater, und wer den Sohn siehet, seine Werke siehet, der höret den Vater.“ Gestern um 1/26 Uhr durfte ich Herrn Präsidenten auf dem Oberkonsistorium besuchen. Er zeigte mir den Sitzungssaal mit seinen erinnerungsreichen Bildern und sprach von dieser bewegten Zeit, von seiner eigenen tiefen, schweren Not, –

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/189&oldid=- (Version vom 24.10.2016)