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Ich danke Euch herzlich, Ihr habt ja wieder ein Opfer zusammengelegt. Gott vergelte Euch diese Liebe. Wieviel habt Ihr alle seit dem 25. Juli 1909 erlebt! Und alle unsere Erlebnisse haben eine Bedeutung für die Ewigkeit. Wieviel Leid schließt doch das Leben der Einzelnen unter Euch in sich! Glaubt Ihr nicht, daß unser Heiligungsleben und die Stufe in demselben sich besonders zeigt in dem Verhältnis zum Leid? Die Natur schiebt das Leid von sich. Der erneuerte Mensch will das Leid in sich hineinnehmen. Er weiß, daß dies Erdenleben und das Leid miteinander verbunden sind. „In der Welt habt ihr Angst“, spricht unser Herr, und: „Wer mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich täglich“.

 Seit gestern tagt die Generalsynode in Ansbach, und unser Herr Rektor, der am Samstag von Polsingen zurückgekehrt ist und am Sonntag gepredigt hat, ist auch dabei. Ich denke nicht anders, als daß Eure betenden Gedanken sich auch mit der hochwichtigen Angelegenheit[1] befassen, die nun in Ansbach und im ganzen Land so viele Geister bewegt. Laßt Euern Gebeten immer die Verheißung zugrunde liegen: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ und: „So ihr etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er es geben“ und: „Wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?“

 Wir haben gestern mit Dank und Freude den letzten Erntewagen eingefahren. Wie geht doch in unserm Leben das Himmlische und das Irdische so ineinander! Wie ragt beständig das Himmlisch-Ewige in unser Leben herein, und wie werden wir erst recht fähig, den irdischen, zeitlichen Beruf richtig zu vollbringen, sei es im Arbeiten, sei es im Leiden, wenn wir Herz und Sinnen auf die himmlische Welt gerichtet haben. Gott segne jede Einzelne von Euch!

In treuer Verbundenheit Eure Therese.


An einen Schwesternkreis.
Neuendettelsau, 26. Aug. 1920

 Meine lieben Schwestern, wir haben hier in diesen letzten Tagen etwas Sonderliches erlebt. Das muß ich in diesem Brief erwähnen, da ich sehr erfüllt davon bin. Vorigen Sonntag –


  1. Korr.-Bl. 1921, Nr. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/244&oldid=- (Version vom 24.10.2016)