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Das ist der Verbrecher aus der Bürgerperspektive. Es ist der Schlumps, der von dem Schutzmann, dem Vertreter der guten Ordnung, in das Loch gestoßen wird, und der immer ein bißchen besoffen ist und immer was verbricht. Aber schließlich ist viel Echtes drin. Und wie fehlen uns solche Bücher –! Im Englischen und auch bei den Amerikanern gibts das viel mehr: Bücher, die ganz unliterarisch schildern, wie die Fischer leben oder die Heizer auf den großen Dampfern, ihren Humor und ihr Tagewerk, ihre Keilereien und ihre Frauen. Aber das hat mit Kunst nichts zu tun. Bei uns bemächtigen sich dieser Dinge die Feuilletonisten, und dann ist es aus. Lest mal dies kleine Büchlein „Plötzensee“, und ihr werdet starken Hunger nach mehr der Art bekommen. Aber es ist ja vergriffen. Und weil es vergriffen ist, habe ich es hier erzählt.


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Die Wand wurde weiß. Ein an vielen Stellen brüchiges, fahriges Silberweiß leuchtete zittrig auf. Es begann.

Aber alle lachten. Auch ich lachte. Hatten wir etwas Unerhörtes, Maßloses erhofft, so balgten sich jetzt auf der Leinewand spielend ein Miau-Kätzchen und ein Wauwau-Hundchen. Vielleicht hatte der Exporteur das vorgeklebt, um die Polizei zu täuschen – wer weiß. Der Film lief eintönig klappernd, ohne Musik; das war unheimlich und nicht sehr angenehm.

Aber ganz unvermittelt erschien ein Satyr auf der Bildfläche und erschreckte in einem Waldgewässer kreischende und plantschende Mädchen. Nun, ich war enttäuscht, immerhin… Ich war hierher gekommen, um etwas recht Unanständiges zu sehen, ein dicker Freund hatte mich mitgenommen;

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Kurt Tucholsky: Mit 5 PS. Berlin: Ernst Rowohlt, 1928, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tucholsky_Mit_5_PS_024.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)