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wie einem ums Herz ist, und wo ich immer die Wahrheit sagen durfte: ohne taktische Rücksichten auf Verleger, Inserenten und Leser und ohne jene maßlos törichte Feigheit der großen Presse vor ihrer eigenen ‚Kulturmission‘. Komm, schreib an S. J. eine Ansichtskarte und gratuliere ihm: ahnungslos, aber herzlichst!“ „Und warum“, fragte die Gräfin, „sind Sie zur Zeit nicht mehr dabei, Herr Graf?“ Da sah der Graf noch einmal von seinem Buch auf und sagte: „Weil die Zeit mir dagegen zu sein scheint. In einem schlecht geheizten Warteraum voll bösartiger Irrer liest man keine lyrischen Gedichte vor. Wenn irgendeiner uns in das Ausland unter richtige Menschen holt, damit wir erst einmal wieder einen klaren Kopf bekommen, Übersicht und Festigkeit, dann will ichs wieder versuchen. Bis dahin bleibt – über diese Sozialdemokratie, über Industriewegelagerer, Städteaushungerer und Schutzhaftgenerale, über den Bürgerpräsidenten Louis Philippe Ebert, über Radeks sitzengebliebene Zöglinge und Bayerns Ehrenwortfabrikanten – bis dahin bleibt nur eines:

Schweigen. Schweigen. Schweigen.“


Die einseitigen Patriarchen

Ein in Deutschland weitverbreiteter Arbeitgebertrick ist folgender:

Der Leiter eines Unternehmens schließt mit Ihnen einen Vertrag. Dabei sagt er: „Wissen Sie, das ist ja eigentlich ganz überflüssig, daß wir alle diese Punkte fixieren – so, wie wir miteinander stehen! Es ist nur der Ordnung halber. Sie verstehen: ich kann nur mit Leuten zusammenarbeiten, mit denen ich auch menschlich“ – dies Wort darf nicht fehlen! – „übereinstimme. Seien Sie mir nicht ein Angestellter

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Tucholsky: Mit 5 PS. Berlin: Ernst Rowohlt, 1928, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tucholsky_Mit_5_PS_074.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)