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Thonbechern Fig. 1, deren Form u. A. in den Bildern der Manessischen Liederhandschrift wiederkehrt, sind Reste von über zwei Dutzend gefunden, ein Beweis, dass man schon damals auf der Burg dem Trunk nicht abhold war; Fig. 2 ist der Kopf eines rotgebrannten Thonkrugs, Fig. 3 ein häufig wiederkehrender Ausguss, Fig. 4 ein eigentümlich scharfkantiges Henkelstück, Fig. 5 der Kopf eines Deckels; Fig. 6–9 stellen Randprofile und zum Teil verzierte Scherben verschiedenartiger Gefässe dar. Dazu kommen allerlei Stücke aus Eisen, Schlüssel (Fig. 10), Pfeil- und Bolzenspitzen, Beschläge, Nägel, ein schöner aus Eisen geschnittener Degengriff aus dem Ende des 16. Jahrhunderts und anderes, dann Reste verzierter Ofenkacheln aus dem 16. und 17. Jahrhundert, Scherben noch späterer Thongefässe mit Glasur und dergl. mehr.

Unter einigen Münzfunden aus verschiedener Zeit sind am bemerkenswertesten drei späte römische Münzen der Kaiser nach Konstantin aus dem vierten Jahrhundert und zu ihnen gesellt sich, in den Mörtel am untersten Teil der gesprengten Mauer des neu entdeckten älteren Turmes eingebacken, die obere Hälfte eines Bronzefigürchens der altägyptischen Isis (Fig. 11), dessen römischer Ursprung als unzweifelhaft angesehen werden muss. Letzterer Fund erinnert an die seither viel verbreitete Ansicht, welche in dem Turm auf dem Turmberg einen römischen Wachtturm sah, oder doch annahm, er sei auf den Fundamenten eines solchen erbaut. Zu irgend zwingendem Beweis reichen aber die kleinen Stücke nicht aus, denn im vierten Jahrhundert herrschten die Römer nicht mehr in der Gegend und die römischen Münzen können von Alemannen verloren worden sein. Das Isisfigürchen aber kam in den romanischen Mörtel am ehesten mit dem zu dessen Bereitung nötigen Sand, der auf dem Turmberg nicht vorhanden ist und irgendwo vom Thal her, wo ja, wie bei Ettlingen, einst römische Niederlassungen blühten, heraufgebracht worden sein muss. Sonst ist aber auf der Ruine weder von römischem Mauerwerk noch von den in römischen Trümmern immer vorhandenen römischen Ziegeln oder Thonscherben irgend eine Spur gefunden worden. Somit ist als Resultat der seitherigen Untersuchungen daran festzuhalten, dass die Ruine auf dem Durlacher Turmberg nicht römisch ist, sondern der spärlich übrig gebliebene Teil einer nicht sehr grossen mittelalterlichen Burg zuerst aus romanischer, dann aus gotischer Zeit, welche Ende des 16. Jahrhunderts zur Benützung als „Warte“ einige Anbauten erhalten hat.

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Wagner: Die Turmberg-Ruine bei Durlach. G. Braunsche Hofbuchhandlung, Karlsruhe 1895, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Turmberg-Ruine_(Wagner).pdf/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)