Seite:Ueber Mainz (1792).pdf/73

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Die abergläubischen Gesinnungen sind, wie du weißt, die wesentliche Eigenschaft der Nonnen, die ihnen also nicht wohl abzugewöhnen sind. Für sich mag nun meinetwegen eine Nonne glauben, daß man in der Hölle mit glühenden Zangen gezwickt und gebrennt werde, denn ihre Epoke ist nun vorüber. Daß noch da und dort ein Wunderbildchen seine Wirkung thut, hat keine bösen Folgen mehr, denn in unsern Tagen sind auch die meisten Katholiken nicht mehr so leichtgläubig, und sie lernen nach und nach die Wunder selbst machen; niemand bewahrt sich mehr einen Tropfen des Schweises Christi auf, es müßte denn ein altes einfältiges Mütterchen seyn. Zum Beweis, daß der hiesige Erzbischof alle Alfansereien der Nonnen verbannet, mag dir folgendes Beispiel dienen: Zu Agnesen bewahrte man einen gewissen Schleier, der sich von der h. Agnes herschreiben sollte. War eine Mutter in Kindesnöthen, so lief man geschwind zu diesen Nonnen, gab so viel Geld, als man verlangte, und nahm mit Ehrfurcht den heiligen Schleier, legte ihn der kranken Mutter auf den Leib, und dann mußte sie glücklich abortiren, wenn schon der Teufel seine Künste daran wagte,

Empfohlene Zitierweise:
Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/73&oldid=- (Version vom 22.11.2023)