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Ueber oberschwäbische Orts- und Familiennamen.

Vorgetragen im Verein für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben
in der Sitzung vom 5. Juli 1872
von Dr. Buck in Aulendorf.

Für dem Ortsnamenforscher gibt es im ganzen Reich nicht leicht eine anziehendere Gegend, als das Algäu oder Oberschwaben (im engeren Sinn). – J. 839 pagus Albegauge, Wartmann, St. Galler Urkb. I, 354. – J. 995 Albegou, Kausler, Württ. Urkb. I, Nr. 198. – J. 1370 Albgeu Mon. Boic. XXIII, 214. Doch sagen die Ephemerid. mon. St. Galli v. 1272 bereits Algovia und seit dem Anfang des 15. Jhdt. liest man überall Algöw, Algäu. Der Name Oberschwaben scheint mir erst in der zweiten Hälfte des 15. Jhdt. aufgekommen zu sein. Eine Reihe von Urkunden der oberschwäbischen Landvögte des 15. Jhdt. spricht immer nur von Schwaben schlechtweg; z. B. J. 1421: Ich Johans Truchsesz von Walpurg des Richs lantvogt in Swauben. Oder J. 1480: Ich Mang von habsperg hern Sigmunden Erzherzogs von Osterreich houptman zuo Swauben. Den Ausdruck in obern Swauben finde ich erstmals in einer Urk. des Aul. Arch. v. 1469, ausgestellt von der verainung vnd geselchaft Sant Jörgen schilts und im Aulendorfer Seelbuch von 1485. Bald nachher sagt z. B. eine Urk. v. 1505: Ich Jacob von Landow, ritter, landvogt in Obern vnd Nidern Swavben. Von da ab wird die Bezeichnung Oberschwaben in den Urkunden fortlaufend gefunden. Oberschwaben reicht bis an die Quellen der Iller und den Arlberg hinein. Zum Algäu kann man württembergischerseits nur denjenigen Theil Oberschwabens rechnen, der im Flußgebiet des Rheins liegt, und die Strecke, welche längs der obern Iller hinläuft. Was sonst im Flußgebiet der Donau und herunterwärts von der Endmoräne des alten, einst über den Bodensee herüberragenden Rheinthalgletschers liegt, nannte Sebastian Münster das untere Algöw, aber es ist kein Algäu mehr. Die eigentlichen Oberschwaben oder Algäuer sind Alemannen, die Umwohner der württ. Donau und ihres Flußgebietes aber Schwaben. Obgleich Walafried Strabo sagt: Igitur quia mixti Alamannis Suevi partem Germaniae ultra Danubium, partem Retiae inter Alpes et Histrum, partemque Galliae circa Ararim obsederunt, antiquorum vocabulorum veritate servata, ab incolis nomen patriae derivemus et Alamanniam vel Sueviam nominemus (Vita Sti. Galli bei Goldast I, 146. 147), hat sich doch bis auf diesen Tag ein merklicher Unterschied zwischen Alemannen und Schwaben erhalten.

So weit das Algäu reicht, geht auch die alemannische Mundart. Auf der Wasserscheide unweit Aulendorf berühren sich schwäbische und alemannische Zunge, dort gen Norden haben Sie die Aussprache: Hous, Wain, Gauns, Haas, bleiba, schreiba, gsain, na (b), ouß, hier im Süden: Hus, Wing, Gongs, Haß, bliba, schriba, gsing, âbi, us! Donauwärts finden Sie vorherrschend größere oder kleinere geschlossene Dörfer, seewärts fast lauter kleine zerstreute Höfe und Häuser, und das seit wir von Ortschaften in diesen Gegenden wissen. Der Algäuer hat den Heerd in der Wohnstube, der Schwabe in der Küche, der Algäuer ißt vorherrschend Mehl- und Milchspeisen, der Donauschwabe Fleisch. Der Algäuer hält stets dunkelfarbiges oder

Empfohlene Zitierweise:
Michel Buck: Ueber oberschwäbische Orts- und Familiennamen. Wagner’sche Buchdruckerei in Ulm, Ulm 1872, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_oberschw%C3%A4bische_Orts-_und_Familiennamen.pdf/1&oldid=- (Version vom 27.2.2024)