Seite:Ueber oberschwäbische Orts- und Familiennamen.pdf/7

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Wielandsweiler J. 1122 Wilantswilere.
Eglisreute Engilpertisriuti.
Gunatsreute Gundoltsruti.
Wetzisreute J. 1268 Bezilisruti u. s. w.

Betrachten wir die in den eben genannten Orten steckenden Personennamen näher, so ergibt sich, daß die Namen auf –brecht, –bold, –old, –hard, –rad und –brand am häufigsten vorkommen. Sie finden in unseren oberschwäbischen Weilernamen; Hadubrecht, Gotebrecht, Isenbrecht, Molbrecht, Kumbrecht, Tagebrecht, Werinbrecht, Wainbrecht etc. Arnold, Brunold, Engilbold, Goßbold, Hapold, Isinbold, Krimold, Luitbold, Mingold, Otebold, Richbold etc. Adelhard, Eberhard, Eggehard, Eisenhard, Geiselhard, Rosehard, Sieghard etc. Alberad, Dankrad, Doberad, Heimerad, Siegrad; Hildebrand, Hadubrand, Isenbrand, Sigrand. Dazu kommen noch; Alewig, Herwig, Müotwig, Otwig; Goteram, Balderam, Oteram, Wolfram; Alterich, Balderich, Esserich, Wiserich; Belmund, Dalmund, Dietmund; Engilher, Isinher u. s. w. Es wird Ihnen wie mir aufgefallen sein, daß man unter den vielen Namen vier berühmten altergermanischen Namen zum öftern begegnet, den Namen Hildebrand und Hadubrand, besonders aber Wieland und den mit Isin anhebenden. Denken Sie an die Weiler: Wielands, Wielazhofen, Wielandsweiler, Wielazried, Wielanden; an Eisenbach, Eisenbrechtshofen, Eisenharz, Eisenfurt, Eisenhalden etc., auch an die alte Stadt Isny, Isine, Isinach (Chronic. Isnens.), an welcher der Bach Eisenach vorüberfließt. Ferner an Isigazhofen, Eisenbolz u. s. w., in denen die Namen: Iso, Isinbrecht, Isanhart, Isinbolt, Isinher, Isinbrand stecken. Ich erinnere dabei an die im Algäu weitverbreiteten Familien Wieland, Iselin, Eisele, Eisenbach, Eisenreich u. s. w. Nehmen wir Wattenweiler und Eglisweiler (Eigiliswiler) dazu, dann haben wir aus der alten Heldensage Wate, Eigil und Wieland, Vater und Söhne, sowie den Schiffer Iso, dem Wates Enkel Orendel auf der Fahrt durch das Meer begegnet. Auch die alte Stammsage der Welfen, eines algäuischen Geschlechtes, kennt einen Stammvater Isegrim. Dann denken Sie noch an die zwei in der Sagenchronik laufenden schwäbischen Herzoge Hildebrand, an die zahlreichen Weiler und Fluren, welche mit dem Namen Dieterich gebildet sind, dann haben Sie gewiß uralte Erinnerungen an die Zeit, wo das Algäu sich noch in alemannischem Trotz zu den alten Göttern hielt und die Schirmherrschaft Theodorichs des Großen noch im frischesten Andenken war. Vielleicht geben diese Namen gar noch Auskunft über das Herkommen der Algäuer.

Es wird Ihnen wohl selbst schon aufgefallen sein, daß heutzutage viele Familiennamen fortleben, die sich wie der Wurzelstock zu einer Reihe von schwäbischen Ortsnamen auf –ingen ausnehmen. Erinnern Sie sich an die Familiennamen: Betz, Bloch, Blätter, Ehe, Erm, Ert, Nell, Riedle, Spaich, Schelkle u. s. w., sowie an die entsprechenden Orte: Betzingen, Blochingen, Blättringen, Ehingen, Ermingen, Ertingen, Nellingen, Riedlingen, Spaichingen, Schelklingen etc. Oder an die Familiennamen: Trips, Trefz, Schretz, Zeeb, Zepf etc. in Tripstrill, Trefzbuch, Schretzheim, Zebingen, Zepfenhan u. s. w. Dieses Fortleben alter Personennamen in Familien- und Ortsnamen wird man wohl mehr oder weniger in ganz Oberdeutschland wahrnehmen können, sicherlich aber nirgends so wie im Algäu. Denn hier leben die Familiennamen dicht neben ihren entsprechenden Ortsnamen fort. Ich erinnere beispielhalber an die Orte: Appenberg, Praßberg (Brachsberg), Degenreute, Edenhaus, Erbisreute, Esenhausen, Funkenhausen, Flockenbach, Girenberg, Götzenberg, Glockenreute, Höllenmoos, Knollengraben, Kehlismoos, Kerlenmoos, Krattenberg, Lanzenreute, Lottenweiler, Liebenhofen, Matzenweiler, Mimmenweiler, Mehlishofen, Notzenhaus, Pfauzenwald, Stiefenhofen, Steibisberg, Schelleneigen, Schuppenberg, Wüstenberg, Zillisbach und die entsprechenden, in der Nähe der zugehörigen Orte wohnhaften Familien; App, Brack, Deg, Ed, Erb, Es, Funk, Flock, Gir, Götz, Glock, Hölle, Knoll, Kehle, Kehrle, Kratt, Lanz, Lott, Lieb, Matz, Mimm, Mehle, Notz, Pfauz, Stief, Steib, Schelle, Schupp, Wüst, Zilli. Es sind das Namen, welche in diesen Gegenden, zunächst freilich als Personennamen, schon im 8., 9. und 10. Jahrhundert nachgewiesen werden können, wie ein Blick in die Namenregister des württembergischen und St. Galler Urkundenbuchs darthut.

Empfohlene Zitierweise:
Michel Buck: Ueber oberschwäbische Orts- und Familiennamen. Wagner’sche Buchdruckerei in Ulm, Ulm 1872, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_oberschw%C3%A4bische_Orts-_und_Familiennamen.pdf/7&oldid=- (Version vom 29.2.2024)