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Hofnamen kann ich die entsprechenden Familien nachweisen, entweder aus Urkunden oder als noch lebende. Namen wie Ganszürnen, Berghas, Rheinpadent sind eigentlich Hausnamen, es ist ursprünglich der Zürn, welcher Gänse mästet, der Has, welcher am Berge, der Padent (die Familie schreibt jetzt Badent), der am Rain wohnt, gemeint. Aus dem Familiennamen Mühlbach ist das monströse Mühlepassau entstanden. Noch im J. 1684 heißt es Mühlibachsau.

Für eine Reihe von Höfen konnte ich den namengebenden Besitzer ausfindig machen. Viele gehen aus den oben angegebenen Gründen nicht sehr weit zurück, andere sind uralt. Der Weiler Siggen heißt schon im J. 1178 Siccun. Sick ist einer der weitverbreitetsten Familiennamen im Algäu. Im J. 1510 sitzt Stefan Ruch auf dem Hof: zum untern Ruchen, jetzt königl. Domäne Unterrauhen, an der Hoftafel steht falsch: Unterauen. Um dieselbe Zeit saß ein Jäck Boos auf dem Hofe Boosen, ein Jakob Röhr auf dem Hofe Röhren, ein Jörg Lohr auf dem Hofe Lohren. Von dem Hauptmann der aufständischen Bauern, von Stefan Rahl hat der Hof Rahlen seinen Namen (J. 1525). – Im J. 1550 ist Michel Schnabel Besitzer von Schnabelau und seine Nachkommen waren es bis in die letztere Zeit. Im J. 1640 nennt das Aulendorfer Pfarrzehntbuch einen Martin Multer zum Multer. Im J. 1684 sitzt ein Michel Bauz auf dem Hofe zum Bauzen, ein Kaspar Heiß auf Heißen. In demselben Jahr saß Marti Spen zu Waldwerden neben dem Hof Spenen, Hans Pfaw zu Dietenweiler neben dem Hof Pfauen, Michel Bierenstiel zu Grund neben dem Hofe Bierenstiel, Jörg Spinnenhirn zu Hecht neben dem Weiler Spinnenhirn, Hans Jerg Lemp zu Kerlenmoos neben dem Hofe Lempen u. s. w. Vgl. Landwaibelamtsrechnung der Landvogtei Oberschwaben von 1684. Ein Compendium von Landvogteiverträgen aus dem 17. Jahrhundert (im Aulendorfer Archiv) gibt an, daß nach dem 30järigen Krieg die alten Erbmanns- und Erbweiberlehen der Bauern eigenmächtig in Fall- oder Schupflehen verwandelt worden seien, der Grund, warum Familien, welche Jahrhunderte lang auf ihren Höfen saßen, seit dieser Zeit von der Heimat vertrieben worden sind. Gleichwohl gibt es noch heutzutage einzelne Bauernfamilien, die mehrere Menschenalter auf ihren Höfen sitzen. So. z. B. die Bosch zu Ursendorf seit 266 Jahren, die Nusser zu Geigelbach seit 322 Jahren, meine eigene Familie auf ihrem Hofe zu Ertingen seit 334 Jahren, daselbst aber schon wohnhaft seit nahezu 600 Jahren, die Maucher zu Adelshofen auf ihrem Gut seit 403 Jahren u. s. w.

Doch ich will Sie für heute nicht mehr länger hinhalten, ich möchte zum Schluß nur noch sagen, wie viele oberschwäbische Familien den Ort ihrer Herkunft im Familiennamen führen und wie sie heute noch dicht neben der alten Heimath wohnen. Als Beispiel nenne ich die Orte Ailingen, Atzenhofen, Buchmühle, Bärenweiler, Berg, Benzenhausen, Brugg, Blumeck, Boos, Dennenmoos, Dirlewang, Eisenbach, Forstenhausen, Gattenmühle, Hagenau, Haslanden, Hübschenberg, Laubach, Lupberg, Lochmühle, Meschenmoos, Mohrhausen, Mühlebach, Rothenhäusle, Rinkenburg, Segelbach, Staudach, Striedach, Steinhausen, Stiefenhofen, Trautenmühle, Thal, Waggershausen, Weitenau, Windbühl, Wiggenhausen und dazu die in unserem Gau lebenden Familien: Ailinger, Atzenhofer, Buchmüller, Bärenweiler, Berger, Benzenhauser u. s. w.




Druck der Wagner’schen Buchdruckerei in Ulm.
Empfohlene Zitierweise:
Michel Buck: Ueber oberschwäbische Orts- und Familiennamen. Wagner’sche Buchdruckerei in Ulm, Ulm 1872, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_oberschw%C3%A4bische_Orts-_und_Familiennamen.pdf/9&oldid=- (Version vom 29.2.2024)