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jährliche 60 bis 70 tausend Gulden; welche die Stadt übrigens meistens nur ihren Bürgern schuldig geworden ist, die ihre Kapitalien am liebsten bei den öffentlichen Kassen anlegten, wo sie der pünktlichsten Verzinsung und Heimzahlung gewiß waren. Ein gewandter Finanzmann hätte ohne Zweifel durch verhältnißmäßigere Benützung der directen Steuerquellen und durch indirecte Auflagen das Fehlende decken können; allein der Magistrat, der seine Bürger durch erhöhte oder neue Steuren zu belästigen fürchtete, nahm zum Verkaufe entbehrlicher Vermögenstheile seine Zuflucht; als aber die Reihe auch an das städtische Geschütz kommen sollte, wurde diesem Vorhaben von Kaiser Joseph Einhalt gethan, und der Stadt aufgegeben, vor Allem ihren Vermögens- und Schuldenstand dem Reichsoberhaupte vorzulegen.


§. 30.

Der kaiserliche Minister, Freiherr von Ried, durchgieng hierauf im Jahre 1773 mit einer magistratischen Deputation die Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt nach allen ihren Theilen, wobei folgendes auf allerhöchste Genehmigung festgesetzt worden ist:

Errichtung einer Schuldentilgungskasse zunächst durch den Verkauf der Herrschaft Wain (der auch bald darauf für 500,000 fl. zu Stande gekommen) und sonstiger Besitzungen und Rechte; Vereinfachung der Aemter in der Stadt und auf dem Lande, und Entlassung der hiedurch entbehrlich gewordenen Diener mit Ruhegehalt; Bestimmung fester Besoldungen für die Magistratspersonen und Beamte mit Beseitigung aller Nebeneinkünfte; vor Allem Berücksichtigung der Tüchtigkeit bei Besetzung der Aemter, und Erwählung der Rathsconsulenten zu Mitgliedern des Magistrats; Anlegung eines verhältnißmäßigern Steuerfußes, Aufhebung aller Steuerbefreiungen, und pünktliche Eintreibung der Steuern; Einforderung[korrigiert] von Rissen und Ueberschlägen vor dem Angriffe jedes bedeutenden Bauwesens, Beschränkung der Nachlässe an Bürger-Aufnahmsgebühren und Strafgeldern, Verpachtung des Ziegelstadels und städtischer Gefälle, wie des Thorsperrgelds, ausdrückliche Genehmigung des Magistrats zu allen Kapitalaufnahmen und Abzahlungen bei den öffentlichen Kassen, Errichtung einer besondern Behörde zu Prüfung sämmtlicher Rechnungen, Einführung einer kürzern Rechnungsform, und rechtzeitige Stellungen der Rechnungen u. s. w.

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Christoph Leonhard Wolbach: Ulmische Zustände. Ernst Nübling, Ulm 1846, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ulmische_Zust%C3%A4nde_35.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)