Seite:Volkssagen und volksthuemliche Denkmale der Lausitz 070.jpg

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Noch liegt unter diesem Berge der geschmolzene Goldklumpen, harrend des glücklichen Menschen Hand, die ihn zur Oberwelt bringt.


XVI. Die freigebigen Juden.

Auf dem Protschenberge bei Budissin befindet sich auf der gegen das Schloß Ortenburg liegenden Seite, eine Art, anfänglich schmaler, nachher aber sich erweiternden, etwa acht Schritt in den Berg hineingehende Höhle – gegenwärtig der Fledermäuse Residenz – die Judenschule genannt, von welcher man sich erzählt:

Zur Zeit der Judenverfolgungen sollen ihrer Sicherheit wegen, und um nicht in ihren Religionsübungen gestört zu werden, sich mehrere Juden daselbst versammelt und feierlich angelobt haben, daß, wenn sie unentdeckt bleiben und unbehindert mit ihrem Vermögen nach Polen gelangen, sie dieses nie vergessen, vielmehr jährlich an einem bestimmten Tage an diesem Orte reichlich Spenden vertheilen würden.

Ihr Abgang muß ungehindert geschehen seyn; denn, als einst im 16ten Jahrhunderte eines Sonntags (soll der Erlösungstag aus der babylonischen Gefangenschaft gewesen seyn) nach der Frühkirche, ein ehrsamer Bürger Budissins, Namens Gotthelf Arnst, in dieser Gegend lustwandelte, trieb ihn die Neugierde an, diese Höhle zu besuchen. Er trat hinein und – wahrscheinlich war sie zu jener Zeit geräumiger, als gegenwärtig – erblickte sieben Männer in polnischer Judentracht, mit ehrwürdigen, weißen Bärten, sitzend um eine runde Tafel und in Goldstücken wühlend.