Jahren einen Korb von ihr bekommen! Aus dem Grunde war er Junggeselle geblieben. Kennen gelernt hatte er sie in dem Schloß ihrer Eltern, das an der mährisch-ungarischen Grenze, gerade dort gelegen war, wo die Karpathen ihren Wald- und Wasserzauber am malerischsten ausbreiten.
Mit seinem Zug in dem Dorf einquartiert, wohnte er im Schloß. Die Sensenheims bewiesen ihm große Freundlichkeiten, besonders die Komtesse Theres. Ehe zwei Tage vergangen waren, hatte er sich über Hals und Kopf in sie verliebt.
Machte es ihrer Eitelkeit Spaß, rührte es sie, kokettierte sie einfach mit ihm, that er ihr leid oder – gefiel er ihr wirklich? Er war sich nicht klar geworden darüber, und vielleicht mochte sie’s selber nicht gewußt haben! … Jedenfalls munterte ihn ihr Wesen zu den unsinnigsten Hoffnungen auf.
Wenn er jetzt daran zurückdachte, sagte er sich, daß er sich damals nicht nur als Grünspecht, sondern als Gimpel gezeigt, indem er sich eingebildet hatte, die Komtesse Theres Sensenheim könnte sich entschließen, so einen armen Freiherrn und schlecht besoldeten Lieutenant, wie er es war, zu heiraten. Aber mit dreiundzwanzig Jahren glaubt man an Wunder.
Später sagte er sich oft, daß hinter all ihrer berückenden Lieblichkeit nicht viel Tiefes gesteckt habe; aber er gestand sich’s ungern und fand immer noch
Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 1, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/014&oldid=- (Version vom 1.8.2018)