der Theekessel auf einem Tisch, der so blank und präzis gedeckt war, daß sich jede Hausfrau daran ein Beispiel hätte nehmen können; Schüsseln mit kaltem Fleisch und belegten Brötchen gruppieren sich darauf.
„Aber es kommt noch etwas Warmes, es kommt noch etwas Warmes,“ versicherte der Oberst, worauf der Diener etwas hereinbrachte, das, die Phantasie aufreizend, in einer gefalteten Serviette verborgen lag. Die Hängelampe verbreitete ein mildes Licht.
„Es ist wirklich zu gemütlich!“ rief Swoyschin gerührt, und dann setzte er hinzu: „Ich muß entschieden zwei Heimaten haben – heute morgen reise ich von einer Heimat fort, und abends kehre ich in die zweite Heimat zurück. Ich bin sehr reich, Herr Oberst!“
„Es freut mich, daß Sie sich so fühlen,“ versicherte dieser. „Wissen Sie, daß Sie ein andrer Mensch geworden sind in diesen zwölf Monaten, Swoyschin! Nicht ganz ein andrer, nicht ausgetauscht, nur vorteilhaft verändert. Sie sehen aus, als ob Sie sich wieder freuen gelernt hätten am Leben!“
„Das hab’ ich auch, Herr Oberst.“
Die Fenster standen weit offen, mit dem Frühlingsduft drang der Klang der Musik herein – nicht so leise, verschwommen, huschend, wie auf der Straße draußen, sondern deutlich, hüpfend und schleifend, jauchzend und jubelnd und doch mit etwas ahnungsvoll Wehmütigem darin.
Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 1, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/089&oldid=- (Version vom 1.8.2018)