Seite:Vollmondzauber.djvu/093

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„Das ist so richtig, aber so richtig!“ rief Swoyschin. „Sie schildern sie, als ob Sie sie jahrelang gekannt hätten.“

„Ich versteh’ mich auf Physiognomieen,“ schmunzelte der Oberst. „Aber jetzt, zu was die Ziererei und Bummelei? Eins, zwei, drei in die Kirche!“

„Ja, wenn davon die Rede sein könnte!“ Der junge Offizier blickte sehnsüchtig vor sich hin, während er das Bildchen von neuem in seiner Brusttasche verbarg.

„Bah, wo liegen die Hindernisse?“ Der Oberst brachte der ganzen Angelegenheit ein unglaubliches Interesse entgegen. In einem gewissen Alter freut man sich daran, sich bescheiden und uneigennützig an einem fremden Jugendfeuer zu wärmen, sich, von allen selbstsüchtigen Wünschen absehend, in eine fremde Liebesgeschichte hineinzuträumen.

An wirkliche Hindernisse glaubte er nicht, aber leider waren doch solche und zwar ziemlich ernster Natur vorhanden. Zdenkos Vater, seit Jahren gelähmt, außerdem sehr nervös und gänzlich von seiner Frau beherrscht, durfte durch keinen Verdruß aufgeregt werden. Die Mutter schätzte Annie wohl, aber – das war nun einmal ihre Idiosynkrasie – sie hatte eine absolute Abneigung gegen arme Bräute. Ihre Söhne mußten ihrer Ansicht nach reich heiraten, besonders der jüngere. Sie hatte im gräflichen Taschenbuch

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Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 1, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/093&oldid=- (Version vom 1.8.2018)