In den Bäumen und Büschen fängt es an zu seufzen und zu klagen, erst leise, wie beklommen, dann lauter. Die Musikanten spielen noch immer, mitten durch die klagenden Lieder des Windes klingt es mit mechanischem, verschlafenem Rhythmus: die „Donauwellen“, der wollüstigste und traurigste Walzer der Welt.
Von den blühenden Bäumen fällt’s wie weißer Schnee.
Eben im Begriff, sich die zarten Blättchen aus den Augen zu reiben, die ihm der Sturm ins Gesicht streute, fühlte der Oberst von Stahl plötzlich eine Hand auf seinem Arm. Er sah auf und erblickte Emma Ginori.
„Sie hier, Gräfin? Was ist geschehen?“ rief er.
„Ich bin gekommen, um Gina zu holen; sie soll nicht so lange tanzen,“ gab ihm Emma zur Antwort. „Aber ich kann sie nicht finden, und niemand weiß, wo sie ist. Ach, helfen Sie mir sie suchen.“
Er zögerte, es war keine angenehme Aufgabe, die sie ihm stellte. Sie merkte sein Zögern, das Blut stieg ihr in die bleichen Wangen, aber sie hatte keine Zeit, sich bei kleinlichen Bedenken aufzuhalten. „Helfen Sie mir, Gina suchen,“ flehte sie noch einmal.
Da ging er mit ihr durch die stumpfe, graue Dämmerluft zwischen den Büschen und Bäumen, die im Winde zitterten.
Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 2, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/169&oldid=- (Version vom 1.8.2018)