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Brüder“; kein Königtum sollte mehr gelten, das Volk herrschen, das Eigentum gemeinsam sein. Es war nicht mehr nur Ketzerei, sondern Rebellion und eine Gefahr allgemeinen Umsturzes.

Nach dem Tode Wenzels hatte sein Bruder Sigmund die Herrschaft über Böhmen angetreten und zur Unterwerfung der Husiten sofort das deutsche Reich aufgeboten. „Gegen die Ketzer“ lautete der Kriegsruf, den neben dem König auch der die Kirche vertretende Legat Branda erschallen ließ, und bald ging die Aufregung durch ganz Deutschland.

Hier beschäftigt uns nur die Teilnahme Basels an diesen Dingen.

Sie begann mit einer großen kirchlichen Szene. Am 2. Juli 1420 versammelte sich die ganze Bevölkerung der Stadt in den Kirchen, woselbst nach vollbrachter Messe sich die Gemeinde im Gebet zu Gott und allen Heiligen, namentlich aber den Märtyrern vereinigte, um für König Sigmund und seine Helfer im Kampfe wider die böhmischen Ungläubigen Hilfe zu erflehen. Der Rat hatte diese allgemeine feierliche Fürbitte angeordnet, und sie mochte vom Volke um so inbrünstiger dargebracht werden, wenn es sich der eigenen schweren Heimsuchungen der letzten Jahre erinnerte, neben all dem unaufhörlichen Kampfe der Epidemie von 1414, der Teurung, des Erdbebens, des ungeheuren Brandes, des Mißwachses, endlich der vor kurzem erst erloschenen furchtbaren Seuche.

Im April 1421 beschickte Basel den Reichstag zu Nürnberg, auf dem von der böhmischen Sache geredet wurde; als Wichtigstes brachten die Gesandten Basels die Nachricht von dem Bunde nach Hause, den die rheinischen Kurfürsten zur Unterdrückung des Husitismus geschlossen hatten; danach sollte die Ketzerei in den Landen der Verbündeten selbst, in der Heimat, wo nur irgendwie sich Unglaube und Irrlehre bemerkbar machten, verfolgt werden. An den folgenden Beratungen zu Wesel zwischen Fürsten und Städten nahm Basel nicht teil; es lehnte die Aufforderung, dem Bunde beizutreten, ab, gab jedoch die Zusicherung, von sich aus in seinem Gebiete der Ketzerei begegnen zu wollen. Der Rat tat dies auch sofort. Er verständigte sich mit dem Bischof und dem Domkapitel, diese trafen die Anordnungen für den Klerus, und am 25. Mai 1421, einem Sonntag, konnte hier die solenne öffentliche Ablegung des Ketzereides geschehen. Früh morgens in allen Kirchen wurde wider die Ketzerei gepredigt und ein Brief der böhmischen Stadt Tachau verlesen, in dem die Bedrängnis der Rechtgläubigen geschildert war; nach dem Gottesdienst hatte sich jeder Zunftmann mit Söhnen und Knechten auf sein Zunfthaus zu begeben; dann, nach dreimaligem Sturmgeläute der Ratsglocke, zogen alle Zünfte auf den

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 471. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/490&oldid=- (Version vom 1.8.2018)