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Mülhausen hatte er schon als Domkustos heftig gezankt; sein „hitziges und anzikiges Gemüt“ war allen Gegnern bekannt.

Uns beschäftigen nur seine Beziehungen zu Basel. Als einen streitbaren Rektor der Universität hatte ihn der Rat 1461 kennen gelernt; jetzt sah er ihn als Fürsten der Kirche vor sich und erlebte hiebei Jahre, die in der Geschichte der Bischofsstadt entscheidend waren. Denn sie brachten die letzte Auseinandersetzung mit dem alten Herrn über Recht und Hoheit. Was später geschah, war eigentlich nur noch einseitige Abschüttelung.

Es ist ein Schauspiel, fast menschlich ergreifend und zugleich, neben der großen Wandelung baselischer Politik in diesen Jahrzehnten, historisch von der stärksten Wirkung, wie Caspar der letzte Bischof ist, der die Waffen erhebt gegen die Stadt, wie er sich umsonst bemüht, die verlorne Macht des Hochstifts wieder zu erringen. Er will fortsetzen, was Venningen unternommen hat; er trägt schwer an der Demütigung, die sich Jener hat müssen gefallen lassen. Aber er zieht aus diesem letzten Vorgang durchaus nicht die Lehre, die er geben kann. Seine Heftigkeit führt ihn sofort tief hinein. Er ist nicht nur der Bischof, der für die Kirche ficht, sondern auch der stiftische Adlige, der geborne Verächter dieser Bürger, der Sohn eines Hauses das seit Jahrzehnten sich der Stadt entfremdet hat.

Von solchen Gesinnungen erfüllt begann und führte er den Kampf. Nicht in der fürstlich lässigen Art Venningens, sondern leidenschaftlich hastig zornig. Dem gegenüber waltet in der Haltung des Rates ein tiefer Ernst, das klarste Bewußtsein von dem Umfang und der Wucht dieses Kampfes, ein volles ruhiges Gefühl von der innern Wahrheit und Notwendigkeit seiner Stellung, das sich auch durch formelle Berechtigungen nicht irren läßt, sondern die Tatsachen zum Gesetz macht.

Vom Streite Venningens unterscheidet sich dieser auch äußerlich. Dort nur eine Debatte der beiden Beteiligten, in der Form eines geschlossenen Verfahrens. Hier ein Hereinwirken und Dreinreden zahlreicher Anderer, eine Mehrheit von Instanzen beteiligt, und die eigentlichen Prozeßschriften überflutend eine große Korrespondenz.

Der Verkehr der beiden Mächte war zu Beginn der Ordnung gemäß. Basel leistete bei Sedisvakanz und Wahl das Übliche, und der Bischof gab am 15. Juni 1479 die Handfeste.

Aber schon Tags zuvor hatte er seine Gesinnung offenbart, indem er feierlich vor Notar und Zeugen in seiner Residenz zu Basel erklärte, daß er die Wiedergewinnung aller dem Hochstift entfremdeten Rechte und Güter für seine Pflicht halte; wenn er sie nicht ganz vollbringe, so geschehe dies

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/234&oldid=- (Version vom 1.8.2018)