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Durch ihn geschieht die Anklage im Blutgericht; er ist „Oberherr“ des Nachrichters, und mit diesem steht dessen ganze Nachbarschaft auf dem Kohlenberg, die Totengräber und das freie Gesindel, unter seiner Gewalt; auch die Frauenwirte und die Nonnenmacher haben ihm zu zinsen; er besorgt die Verweisung von Gebannten und Wundtätern.

Eine Gruppe für sich sind die Läufer, die „geschwornen Boten“ der Stadt. Ihre Zahl beträgt meist vier. Sie haben Meldungen zu besorgen, Briefe über Land zu tragen. Dafür beziehen sie ein Fixum und außerdem für jeden Gang einen Lohn nach feststehendem, den Distanzen entsprechendem Tarif. Ihre Stellung scheint weniger bindend gewesen zu sein als die der übrigen Diener; sie können ein Handwerk treiben, müssen aber stets zur Verfügung sein. Als Auszeichnung und Legitimation tragen sie eine Briefkapsel oder „Büchse“ mit dem Stadtwappen auf der Brust; sie soll ihnen auf ihren Reisen Unverletzlichkeit, auch vom Feinde der Stadt, sichern, und von diesen Läuferbüchsen ist in den Akten und Rechnungen viel die Rede. Ihrer sind zweierlei: silberne und hölzerne; ein Bote mit der silbernen Büchse galt mehr und wirkte auch als Geleitsmann sicherer, als wenn seine Büchse hölzern war. Aber weil es auf die Büchse ankam, nicht auf den Mann der sie trug, so konnte geschehen, daß ein Basler Läufer, der einen Brief des Rates an den Erzbischof nach Köln getragen hatte, nun unter der Kölner Büchse einen Erlaß des Erzbischofs weiter trug und als erzbischöflicher Bote galt, oder daß Basel seinen Boten, als sie 1431 Briefe Sigmunds zu bestellen hatten, Büchsen mit dem Reichsadler gab und 1485 in einer päpstlichen Sache Büchsen mit dem Schilde Innocenz VIII.

Das Weltdurchwandernde, gleichsam Grenzenlose dieses Dienstes, die Vorstellung davon, wie die wichtigsten Mitteilungen den Subalternsten anvertraut waren, der Gedanke an die unzähligen Gefahren der Reisen, — all dies verleiht den Stadtboten einen eigenen Reiz, und wir betrachten die alte Statue im Rathause, die ihre Erscheinung festhält, mit Teilnahme. Aber im Narrenschiffe schildert Brant den Basler Läufer als den säumigen Boten, als den Ausplauderer und Neuigkeitenkrämer. Und noch Anderes wird ihm gelegentlich vorgeworfen: daß er unter dem Schutz seiner offiziellen Büchse private Korrespondenz vermittle. Es scheint dies in der Tat zu Zeiten Brauch gewesen zu sein und konnte zu ernsten Beschwerden führen, so 1467 von Seiten Solothurns, und im kriegerischen Juli 1499 wurde es vom Rate ausdrücklich untersagt.

Sodann die Söldner. Sie gehören nicht zur eigentlichen Ratsdienerschaft, sondern werden nach Bedürfnis angestellt. Aber dieses Bedürfnis

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/255&oldid=- (Version vom 1.8.2018)