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vernehmen; die Glocken der Kirchen und Klöster hatten, neben ihrer Bedeutung für die an diesen Orten selbst versammelten Gemeinschaften, das tägliche Leben der ganzen Stadt zu leiten.

Vom Münster und von St. Leonhard tönten Morgens und Abends die Torglocken, Öffnen und Schließen der Stadttore ankündigend; ebendorther und aus den Türmen aller übrigen Gotteshäuser schallte Abends (im Winter um acht, im Sommer um neun Uhr) das Kompletläuten, das den Feierabend, den Schluß der lauten Arbeit auf Werkplätzen und in Häusern gebot, an gewissen Tagen auch den Beginn der Wässerung aus den Gewerbekanälen. Ihm folgte (im Winter um zehn, im Sommer um elf Uhr) das „Glöcklein“, „das hinterste Glöcklein“, nach dessen Geläute alles Spiel aufhören mußte. Niemand ohne Laterne auf die Gasse gehen durfte, die Wirtshäuser geschlossen wurden usw. Die Torglocke zu St. Leonhard hieß auch die Feuerglocke; gemäß einer 1377 nach dem großen Spalenbergbrand eingeführten Ordnung befahl ihr Läuten im Sommer um neun Uhr, im Winter um acht Uhr Abends das Löschen aller Herd- und Ofenfeuer. Und da sie die Glocke des Tagesschlusses war, so gab ihr Geläute auch den Termin für Auszahlung von Leibgedingszinsen an den Fronfasten. Das Primläuten auf Burg war das Zeichen für den Schluß des St. Albanklostergerichts, das Schlagen der Rathausuhr um acht Uhr Morgens im Sommer, um neun Uhr im Winter das Zeichen für den Beginn des Kornmarkts. daß die Ratsglocken des St. Martinsturmes die Räte zur Sitzung riefen, ist schon gesagt worden; die Dauer ihres Geläutes (das erste Zeichen währte eine Viertelstunde, das zweite eine halbe Stunde) wurde gemessen durch Sanduhren.

Alles dies geschah zu bestimmten Stunden. Aber unversehens erging das Sturmgeläute in Augenblicken der Not, mit den Glocken von Kirchen und Klöstern bei Feuersnot, mit der größern Ratsglocke, wenn die Stadt durch Feinde bedroht war.

Ergänzung des Geläutes waren die durch die Turmwächter gegebenen Zeichen. Drei Hochwachen bestanden: auf dem Münster, auf der Martinskirche, auf der Kleinbasler Niklauskapelle; sämtliche als Nachtwachen; vom Rate der Stadt bestellt und besoldet; die zwei ersten früher meist nur mit je einem Wächter, seit 1493 regelmäßig mit je zwei Wächtern besetzt. Sobald auf Burg die Abendglocke ausgeläutet hatte, sollten die Wächter „die Nacht hornen oder blasen in rechter ordentlicher Länge“ und dann die ganze Nacht durch jedem Stundenschlag der Uhr ein Anschlagen ihrer Glocke oder einen „Hornblos“ folgen lassen bis zum Läuten der Torglocke, worauf sie den

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/316&oldid=- (Version vom 24.10.2016)