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Unmittelbaren Bezug auf diese Geltung der Zunft als politische Körperschaft hatte die Institution der gespaltenen Zünfte.


Sie war ein Kompromiß. Sie glich das in der Sache begründete Getrenntsein der Gewerbe mit der Forderung des Gemeindedienstes aus, der eine bestimmte Zahl von Zünften vorsah und sie nicht überschreiten lassen wollte.

Freilich sind die Vorgänge bei dieser Gestaltung nicht aufgehellt. Während einzelne Gewerbe und Zünfte sich deckten (Bäcker Metzger), war bei andern einer Mehrheit von Gewerben gerecht zu werden; man vereinigte sie in gemischten oder in gespaltenen Zünften. Ohne daß wir eine hiebei geltende Regel gewahr werden; Hausgenossen und Spinnwettern z. B. hätten ebenso gut gespaltene Zünfte werden können wie andere. Überdies traten nachträglich Änderungen ein: so wurden Kürschner und Schneider, ursprünglich in zwei selbständigen Zünften organisiert, später in einer gespaltenen Zunft vereinigt, wie andrerseits in noch späterer Zeit die Grautücher aus einer gespaltenen Zunft in eine gemischte übergingen.

Im Gewerblichen galt offenbar die Einheit des einzelnen Gewerbes, durch Zunftzwangschranken geschützt auch gegenüber Gewerben, die in derselben Zunft mit ihm vereinigt waren. Aber diese Selbständigkeit zeigte sich auch im Organisatorischen; am deutlichsten zu Hausgenossen, wo die Wechsler den mit ihnen zünftigen Handwerken der Goldschmiede Kannengießer Hafengießer gegenüber ihr Sonderrecht innerhalb der Zunft sehr entschieden geltend machten.

Als schließliches Ergebnis der Zunftbildung stehen fünf gespaltene Zünfte vor uns:

Grautücher und Rebleute; das prägnanteste Beispiel der nur aus äußern Gründen geschehenen Kombination. Die Gewerbe waren in ihrer Art so verschieden als möglich, und die „numerische Kraft der beiden Teile stand im umgekehrten Verhältnis der sozialen Bedeutung.“ Ihre Vereinigung geschah in der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts und wurde 1453 wieder gelöst; die Zunft blieb den Rebleuten, während die Grautücher zur Schlüsselzunft gingen.

Schuhmacher und Gerber, nach vielen Streitigkeiten 1441 endgiltig als gespaltene Zunft organisiert.

Schneider und Kürschner; ursprünglich getrennt, scheinen sie im XIV. Jahrhundert vereinigt worden zu sein. Aber auch hier regte sich viel Widerstand. 1387 verlangten die Schneider Aufhebung des Zusammenseins und Selbständigkeit jedes Teils; der Rat lehnte dies ab.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 390. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/411&oldid=- (Version vom 10.11.2016)