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sie auch ihre separate Kasse hat, so doch keine eigenen Häupter und Organe. Die Zunftregenten leiten auch sie; was sie tut, ist Tätigkeit der Zunft: zunächst die dauernde „Bezündung“ des Münsters, die Unterhaltung des Zunftlichtes; sodann die Prozession am Fronleichnamstag usw.; vor Allem aber Leichenfolge und Jahrzeit für verstorbene Brüder.

Die Seelzunft, rein zur Erfüllung dieser kirchlichen Pflichten und Dienste, zur Erlangung kirchlicher Gnaden bestimmt, entsprach einem allgemeinen Bedürfnisse; der Kreis ihrer Mitgliedschaft erscheint daher als grenzenlos. Alle Möglichkeiten waren darin beisammen, alle Schichten vertreten. Namentlich Geistliche traten scharenweise in diese Seelzünfte ein, fanden damit Anschluß an einen bewährten mächtigen Verband, eine Rechtsstellung inmitten eines weltlichen Kreises. Aber auch im Übrigen lassen die Seelzunftlisten der Zünfte die mannigfaltigsten Zusammenhänge erkennen. Zahlreiche Frauen sind dabei, Beamte, Herren der Nachbarschaft, vor Allem aber die Zunftgemeinder selbst, die Händler und Handwerker. Die Genossen einer Zunft sind nicht ohne weiteres daselbst auch seelzünftig; sie besitzen oft nur die Zunft und das Stubenrecht, und erst eine Nachzahlung von bestimmter Größe macht sie auch dieses Rechtes teilhaft. Eine Einzelheit statt vieler zeigt mit höchster Lebendigkeit Bedeutung und Wesen: die Erwerbung der Seelzunft zum Schlüssel durch die großen Kaufherren und Geschäftsleute Wernlin von Kilchen, Claus Gottschalk, Peter Gatz, Peter Wolfer, Peterhans von Biel, Heinrich von Öringen, auch den Sold an des Konzils Peter von Kilchhofen und den Florentiner Flüchtling Lampertus de Lamperteschis in den Jahren 1438 und 1439; es sind die Zeiten der großen Epidemie, und dies furchtbare Erlebnis treibt die Herren in die Seelzunft.


Neben Zunft und Bruderschaft (Seelzunft) stand als Drittes in demselben Komplex, aber mit größerm Abstand, die Stube. Sie hatte ihre eigene Ordnung, ihre getrennten Organe. Der Zweck war ein anderer: die Geselligkeit. Daher auch der Mitgliederbestand wohl größtenteils, aber nicht durchweg und jedenfalls nicht grundsätzlich derselbe war.

Dieser Verschiedenheit entsprach ursprünglich die lokale Sonderung von Laube und Stube. Die Laube diente dem gewerblichen Verbande; sie war der gemeinsame Raum der Genossen für den Verkauf, dann wohl auch für Versammlungen und andre Zunftgeschäfte. So werden erwähnt die Wechslerlaube am Fischmarkt, die aneinander grenzenden Lauben der Kürschner und der Grautücher bei der Sporengasse, die Gerberlaube an der Gerbergasse.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 397. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/418&oldid=- (Version vom 10.11.2016)