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Liebe als um tatsächlicher Zustände willen verbot der Rat auch den Kaufleuten, neben ihrem Gewerb ein Handwerk zu treiben. Natürlich konnte diese Verfügung das Institut der Mehrzünftigkeit berühren, und der Erlaß einer diesem geltenden Ordnung wurde am 15. Juni 1491 in Aussicht genommen.

Das Handwerk war hiemit in seine Schranken zurückgewiesen; aber noch wiederholt hatte sich der Rat mit diesen Angelegenheiten zu befassen. Zu Beginn des Jahres 1494 wiederholte er seinen Beschluß von 1491; zugleich, vielleicht unter der Wirkung des vor wenigen Wochen geschehenen Falles des Großhändlers Meltinger, schärfte er neuerdings die Ordnung ein, daß das Engrosgeschäft, der Samentkauf aller Gattungen nur im Kaufhause geschehen dürfe. Für Liquidation der noch in den Häusern lagernden Engrosvorräte gab er eine halbjährige Frist.

Damit aber hatten die Kleinhändler ihr Letztes erreicht, und der Rückschlag trat ein.

Immer entschiedener sehen wir die Handwerkerzünfte im Rate auftreten, immer häufiger und erfolgreicher sich zum Worte melden. Die führende Gruppe, die ihnen bisher Widerstand geleistet, hatte keine Kraft mehr, und die „niedern Zünfte“ stürmten vor. Sie bemächtigten sich der städtischen Politik, sie rissen auch in dem wirtschaftlichen Kampfe den Sieg an sich.

Ein erster Griff hiezu gelang ihnen schon im Oktober 1494 durch den Ratsbeschluß, der, unter Aufhebung der 1491 vorbehaltlos dekretierten Sonderung von Handwerk und Kaufmannschaft, für die Messe dem Handwerk das freie Feilhalten jeder Ware, auch der nicht von ihm produzierten, wieder gestattete. Ebenso für die auswärtigen Märkte. Daß gleichzeitig die eine der beiden Messen, die Pfingstmesse, abgeschafft wurde, war dem Kleinhandel eine gewisse Kompensation für den Schaden, den ihm die Rehabilitation des handeltreibenden Handwerks an der Herbstmesse bereitete.

Dann im August 1495 setzte das Handwerk die gänzliche Wiederaufhebung der Reform von 1491 durch. Alles sollte wieder sein wie zuvor, jeder Bürger und jede Bürgerin hantieren und werben können in jeder Gattung Ware, die ihnen beliebe. Die Handelsgesellschaften wurden ausdrücklich auch weiterhin als zulässig erklärt; nur die „große Gesellschaft“, durch die Untreue Meltingers, vielleicht auch durch eigene Machenschaften diskreditiert, sollte aufgehoben sein, „da durch sie der gemeine Mann merklich beschwert werde“.

Solchergestalt war das Handwerk Sieger, und auffallend ist nur, daß es sich an diesem Sieg über die Kleinhändler genügen ließ und nicht auch gegen die Großhändler in den Gesellschaften vorging.

Vielleicht reichten hiezu nicht die Kräfte. Möglicherweise war durch

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 531. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/552&oldid=- (Version vom 28.11.2016)