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6. Die Parochie von St. Theodor ist Kleinbasel.

Diese topographische Gliederung des Stadtkirchengebietes schafft nicht nur geschlossene Kreise der Gläubigen, der Kirchgenossen, sondern ist auch im profanen Leben wirksam. Die Kirchspiele bilden die Bezirke für die Feuerschau, für den Steuereinzug, für die Bevölkerungsaufnahme, vereinzelt auch für das Milizaufgebot.

Hier beschäftigt uns die rechtliche Gestaltung der einzelnen Pfarreien.

St. Alban, St. Leonhard und St. Peter bildeten eine Gruppe für sich, indem bei ihnen die Gemeindepfarrei dem geschlossenen Körper eines Klosters oder Stifts eingefügt war. Unabhängige Pfarrpfründen bestanden hier nicht; als Pfarrkirchen dienten die Kloster- oder Stiftskirchen, in denen die Gemeinden bei den Herren des Chores gleichsam zu Gaste gingen.

Bei St. Peter finden wir die Pfarrei dem Custos übertragen; doch versah dieser das Amt nicht selbst, sondern beauftragte damit einen der Kapläne als Vikar (Geselle Leutpriester) und zog außerdem noch andere Kapläne zur Aushilfe heran. In solcher Weise, mit Beteiligung einer Mehrzahl von Personen, die zudem nicht ausschließlich dem Gemeindedienst verpflichtet waren, wurde die Pfarrei verwaltet; erst spät gelangte das Kapitel zur Schaffung einer eigentlichen Pfarrstelle.

Ähnlich haben wir uns die beiden klösterlichen Pfarreien vorzustellen. Bei St. Leonhard mit der bestimmt formulierten Befugnis sämtlicher Priester unter den Konventsherren zum Beichthören, Buße auferlegen, Wort Gottes verkündigen usw. 1479 kam es zu einer Trennung der Pfarrei vom Kloster und Übertragung der Pfarrgeschäfte an Weltpriester. Auch St. Alban ließ seine Pfarrei lange durch Mönche versehen, erst im XV. Jahrhundert durch Weltpriester.

Freier, selbständiger, als reine Gemeindepfarreien stehen St. Martin und St. Theodor da; sie gleichen sich in ihrer Entwickelung durchaus.

Der Patronat beider Kirchen stand ursprünglich, durch die Schenkung Bischof Burchards, dem Kloster St. Alban, seit 1259 (vollständig seit 1314), der Patronat von St. Theodor dem Domstift zu. Kraft dieses Rechtes wählten Konvent und Kapitel die Pfarrer und präsentierten sie dem Bischof (für St. Martin dem Bischof von Basel, für St. Theodor dem Bischof von Konstanz) zur Investitur. Diese Pfarrer, meist vornehme Herren, versahen ihr Amt kaum je in eigener Person. Sie behielten die Würde, den Hauptteil der Einkünfte, die rechtliche Vertretung; für Besorgung der Geschäfte selbst hielten sie sich untergeordnete Kleriker als Vikare oder Leutpriester, die sie besoldeten.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 627. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/106&oldid=- (Version vom 4.8.2020)